UTMB: nonstop 158km –8600Hm
2000 Starter setzen sich Freitag, 19Uhr in Bewegung. Vor sich 158 Kilometer und 8600 Höhenmeter, zu bewältigen in maximal 45 Stunden. Die Strecke verläuft zunächst abwechselnd eben und auf leicht kupiertem Waldweg und das Feld zieht sich rasch auseinander.
Nach 8 km recht flottem Lauf kommen Christian, Christoph und ich nach Le Houches und dort gibt es schon die erste Stärkung. Fehler Nr.1: ich widerstehe den verlockenden Angeboten nicht, was mein Magen übel nimmt – mit leicht rebellierendem Magen scheint die Strecke auf den Col de Voza endlos. Herrlicher Sonnenuntergang! Bis Les Contamines kann man immer wieder schön laufen. Dann fordert die längste Steigung auf den Col du Bonhomme (km 36) erste Tribute: Läufer kommen zu Fuß entgegen oder werden mit dem Auto zurück befördert.
Hervorzuheben die Station Les Chapiex: eine Lichterkette empfängt die Läufer nach der Marathondistanz, ein warmes Zelt und allerhand Köstlichkeiten laden zum Verweilen ein, eine Band spielt auch noch zu so „früher“ Stunde. Den Sonnenaufgang bewundere ich dann auf dem Col de la Seigne. Jetzt geht es hinunter nach Courmayeur, nein die Veranstalter haben noch einen Berg eingebaut und so führt der Abstieg weniger schön über die Skipisten des Col Checrouit. In Courmayeur lasse ich meine geschundenen Glieder massieren, meine Füße pflegen, die allerdings noch fast „wie neu“ sind. Christoph verlässt uns aus Verletzungsgründen, Christian und ich machen uns zusammen mit Andi auf den Weg zum Refuge Bertone. Inzwischen hat sich die Sonne hinter dichten Wolken verzogen und so ist der Anstieg sehr angenehm. Es beginnt leicht zu regnen und
Christian gibt in Arnuva mit Schienbeinproblemen auf. Eingehüllt in Regenponchos machen Andi und ich uns auf zum nächsten Berg, dem Grand Col Ferret. Der Abstieg entpuppt sich als technisch nicht ganz einfach: der Weg ist aufgeweicht und glitschig wie Seife. Das erste Mal lässt meine Moral nach: jetzt haben wir erst knapp 2/3 hinter uns … Nach ein, zwei Mal habe ich solche „Hänger“ und hätte mir ein Autofahrer angeboten mitzufahren, hätte ich vielleicht angenommen.
Aber im Grunde fehlt mir ja absolut nichts … und später hätte ich eine Aufgabe sicher bitter bereut!!! Allerdings zehrt auch der dauernde Nieselregen an der Psyche. Mit dem Poncho an, fällt auch das Rennen schwer. Nach La Fouly bin ich um die Dunkelheit froh, denn der zu passierende Waldweg fällt zu unserer Rechten steil ab, zum Teil Sicherung durch eine Kette am Fels. Andi „sittet“ eine Zeitlang einen Teilnehmer, der schlaftrunken und vor sich hinmurmelnd durch die Gegend torkelt – was könnte da alles passieren … Ich nehme mir fest vor im nächsten Etappenziel (Campex d’en Bas) ausgiebig zu rasten. Typischer Fall von „Denkste“ … nach Umziehen, Rucksackpacken, Massage und Fußpflege schaffe ich es kaum noch etwas zu essen, dann müssen wir den angenehm warmen Bunker schon wieder verlassen (Zeitlimit erreicht), einige gerade erst Angekommene werden abgewiesen! Jetzt sind es nur noch etwa 30km zum Ziel! Ein Klacks … Aber die beiden „Berge“ haben es noch in sich! Dann Valorcine, die letzte Etappe verlassen wir eine halbe Stunde vor Ende des Limits.
Ich sehe nur noch wenige Läufer. Wir werden wohl so ziemlich die letzten sein im Ziel? Mir geht es gut, Andi auch. Wir haben jetzt noch 5 Stunden Zeit für die letzen 16km, die über
Waldwege in stetem Auf und Ab führen. Vor uns 2 Mitkonkurrenten. Wenn wir die überholen, sind wir nur noch Vorvorletzte! Also los! Wir setzen uns in Bewegung und –oh Wunder- Rennen geht noch. Und da vorne sind ja weitere vier. Die packen wir auch noch …Nun hat unser Jagdinstinkt eingesetzt. Mann um Mann fällt unserm Aufholmanöver zum Opfer. Die letzten 6km allerdings wollen und wollen nicht enden. Erst später kommen wir drauf: die Strecke ist 158, nicht wie angenommen 155km lang. Dann nach knapp 3 Stunden (!!!) der Einlauf in Chamonix: die Menge tobt! Das Ziel – erhebend … Jetzt sind die Strapazen vorbei … ich kann es noch kaum glauben …ich habe es mit weiteren 700 Läufern geschafft!
Etwas runter scrollen, es geht noch weiter ….
UTMB –ich werde trotz meiner nächtlichen Schwüre- sicher wieder dabei sein. War es dieses Mal mein Ziel durchzukommen, könnte man es zukünftig planen Zeit einzusparen: Jetzt kenne ich das Gelände und weiß, wo ich laufen kann, ohne mich völlig zu verausgaben. Die relativ langen Stopps bei den Stationen ließen sich auch verkürzen. Handicap war auch das Regenwetter: Bei Schönwetter sind die Wege in einem besseren Zustand und lassen das Rennen zu. Die Organisation ist wirklich außerordentlich. Man könnte auf die Mitnahme von Verpflegung gut verzichten. Um die körperlichen Wehwehchen kümmern sich unzählige Masseure, Fußpfleger, Sanitäter … Du brauchst nur noch LAUFEN. Allerdings sind für „Otto Normalverbraucher“ die Zeitlimits ziemlich knapp gesetzt. Man muss eigentlich immer flott dahingehen …
Mein Film: