Wildsaudirtrun – die härtesten 10 Kilometerdeines Lebens oder gar DOPPELWILDSAU??

Ein kleiner Vorgeschmack …

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Die härtesten 10 km deines Lebens? Klingt gut … Aber nur 10? So eine lange Anfahrt nach Laaben bei Wien … da sollte es schon die doppelte Distanz sein … – dachte ich mir bei der Anmeldung zu diesem verrückten Event. Auf meine vorsichtige Anfrage beim Organisator, bekam ich folgende Antwort: „… Als Anreiz und Motivation für dich, wenn du die die 20km schaffst könntest du die erste Frau sein die diese Distanz bewältigt hat, da in den letzten Jahren nur Männer die Qualen überstanden haben. …“
1500 Läufer sind für die 10km gemeldet. Das bedeutet 10 Kilometer steile Anstiege – oft weglos durch den Wald und ebenso steile Abstiege, bei denen man sich kaum auf den Beinen halten kann oder sie besser gleich auf den „vier Buchstaben“ zurücklegt. Fünfmal nach oben durch schluchtartige wasserführende Bachläufe und zweimal über einen Parcourskilometer im Wald mit gut 20 zum Teil äußerst anspruchsvollen Hindernissen: Bei der mehrere mit Wasser gefüllte Schlammlöcher, die im Laufe des Rennens immer weniger Wasser, dafür immer mehr zähflüssigen Schlamm enthielten und die – abgedeckt mit Holzgittern – die Läufer auf die Knie, was sag ich da, auf alle Viere zwingen. Man kann sich lebhaft vorstellen, wie die anschließenden Holzhindernisse von den schlammbedeckten Schuhen und Leibern „eingeseift“ werden. Holzbalken auf Brust- oder Augenhöhe angebracht gilt es zu überwinden, mehrere Holzhindernisse, die mit mehreren Metern Höhe Schwindelfreiheit erfordern, eine Slackline auf furchterregender Höhe und nicht zuletzt ein mit entrindetem Rundholz beladener LKW, den man überklettern muss.
Spaßfaktor Nummer eins verspricht ein Irrgarten mit einem Gewirr aus herunterhängenden Weidezaunbändern zu werden, die natürlich nicht wenig Strom führen.
Krabbelhindernisse, Reifentunnels zum Durchkriechen (au weia, wenn man hier ein paar Kilos zu viel auf die Waage bringt) und ein gewaltiger wackeliger Reifenberg zum Überwinden und nicht zuletzt eine besonders fiese mit einer Kunststoffplane bedeckte schräge Ebene: Anlauf nehmen, versuchen so weit als möglich nach oben zu laufen und den Rand mit den Händen zu ergreifen, sonst unausweichliches Abrutschen. Von Mal zu Mal werden die Hindernisse glitschiger und aufgrund der Höhe nichts für zarte Gemüter. Ziemlich einige Teilnehmer werden keinen anderen Ausweg sehen, als den „chicken way“ zu nehmen – darunter durch oder vorbei.

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Eine kleine Gruppe war im vergangenen Jahr so verrückt, den Wildsaudirtrun zweimal zu absolvieren. Das heißt 20km und 4 x HINDERNISPARCOURS!!!! Und leichtfertig hatte ich mich zu diesem Spaß gemeldet. Ich wollte zwar viel „Spaß“ für mein Geld … aber langsam wurde mir schon bewusst, dass ich das nicht schaffen kann, erst recht, als ich mir die Wertungslisten des Vorjahres näher ansah: Von 37 Läufern
haben nur 11 Läufer das 20km-Ziel auch durchlaufen, nur 5 innerhalb der vorgesehenen Zeit. Und Frau hatte das bisher noch keine geschafft. Wollte ich es schaffen, sollte ich pro Runde etwa 15 Minuten schneller sein, als die 10km-Frauensiegerin vom Vorjahr. Unmöglich!!! Das 20er-Ziel konnte ich mir jedenfalls abschminken.
Dementsprechend locker ging ich an den Start. Die Stimmung war spitzenmäßig. Die etwa 150 Anwärter auf den Doppeltitel (davon 15 Frauen) hatten das Privileg in der ersten Reihe starten zu dürfen. Dann folgten in Wellen von einigen Sekunden die restlichen 1000. Damit sollten Staus vermieden werden. Gut gemeint – war aber ein typischer Fall von Denkste … Wir wurden nämlich durch eine missverständlich gesetzte Markierung gleich in die Irre geleitet und machten einen Umweg von gut 10 Minuten. Inzwischen waren einige Hundert Läufer auf die Strecke geschickt worden.

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Staus unvermeidlich und so kam ich schon bald in der ersten Schlucht nur im Schritttempo weiter. Überholen war nur mit einem unverhältnismäßigen Kraftakt verbunden und so ergab ich mich in mein Schicksal und blieb zunächst mal in der Reihe – vor allem in den engen Bachbettschluchten. Vielleicht war das sogar mein Glück, denn ich sparte meine Kräfte und verpulverte nicht gleich alles auf den ersten Kilometern. Kraft einteilen war gut, da ich ja auch nicht wusste, wie die Strecke weiter verlief. Und die war äußerst „krass“. Strecke klingt nach Weg. Aber nur ein Bruchteil verlief entlang eines solchen … Eher ab durch die Wildnis – und zwar manchmal nahezu senkrecht nach oben, dann wieder extrem steil nach unten. Der Gravitation war hier manchmal äußerst schwer zu widerstehen …

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Der „Arschberg“, der höchste Punkt war irgendwann erreicht und unausweichlich näherte sich die erste Hindernis-Runde. Angst, Angst, Angst … wider Erwarten klappte es aber recht gut. Der Zustand der Hindernisse war erträglich, das heißt, die Schlammschicht daran hielt sich noch in Grenzen. Aber grenzwertig waren schon einige der Hürden: Extrem hoch und es brauchte ordentlich Armmuckis (sträflich die Vernachlässigung im Training!). Nicht nur an die Psyche wurde so manch Anforderung gestellt – vom baumstammbeladenen LKW bis zu den Holzwänden … Überwindung brauchte es besonders am „E-SchockIrrgarten“, schon von Weitem klangen die Schreie der Opfer entgegen.

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Man muss sich nur mal vorstellen, wie schauerlich es ist, ausversehen einen Weidezaun zu streifen … Hier ist die Qual um ein Vielfaches gesteigert, denn man weiß, es gibt kein Ausweichen … Und ein Kontakt ist unausweichlich (fies auch die Zuschauer, die das Hindernis zum Schwanken brauchten und so die Fäden zum Hin- und Herschwingen …). Positives Denken war gefragt: Vielleicht geben die Stromschläge ja sogar warm? Aber geschafft, jetzt war noch die schiefe Ebene dran. Ich schaffte es im x-ten Anlauf …
Flux nun auf die nächste – kurze Runde. Ich versuche mich in den Schluchten an der Menschenschlange, die aufgrund schwindender Kräfte der Läufer, immer langsamer wurde, vorbei zu schwindeln und frage ein paar Mal zaghaft nach, ob sie einen 20er vorbeilassen würden. Klar durfte ich, erntete aber mitleidige Blicke so in Richtung: 20? und noch sooo weit hinten … Ach Manno, da zerschlug sich mir noch die allerkleinste Hoffnung im Keim. Und die Hindernisse waren schon wieder in Sicht … Farblich hattten sie sich jetzt makellos an die Läufer angepasst …

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deshalb meisterte ich manche Barriere erst nach zwei bis drei Anläufen und juhu!!! durchs 10km-Ziel – hach, wie schön wäre es sich jetzt unter die 10km-Wildsäue zu mischen und gleich zum Duschen zu gehen. Den Gedanke warf ich jedoch schnellstens ab und weiter – ich habe es ja so gewollt! Rucki zucki auf die nächste Runde! Das hieß alles nochmal von Vorne!!
Im Vorbeilaufen höre ich vom Zielsprecher 2:08, das sei schon eine sehr gute Durchlaufzeit! Wouw – das hatte ich mir aber nicht erwartet. Und – angenommen ich war jetzt etwas langsamer … Die 20km waren in greifbare Nähe gerückt und doch machbar. Jedoch welch eine Überraschung: Im Wald war ich nun allein auf weiter Flur. Kein Mensch mehr weit und breit und das über Kilometer. Gibt es hier nicht auch Bären und Wölfe? War ich die Allerletzte? Oder waren die meisten abgesprungen und im 10km-Ziel hängen geblieben? So allein war nicht sehr motivierend, aber in den Schluchten immerhin noch besser als eingereiht in der sich stauenden Schlange.

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Immerhin traf ich ab und zu einen Streckenposten an. Aber welch Überraschung: auf dem höchsten Punkt erfuhr ich, dass ich so etwa die 25. sei. Na dann … flott weiter. Die dritte Hindernisrunde war nun schon grenzwertig. Verkrampft hielt ich mich an den glitschigen lehmbeschmierten Hindernissen fest. Auf der hohen Wand schoss mir plötzlich ein Schmerz in den Oberschenkel – ein Krampf. Nun nur nicht runterfallen! Der nun folgenden letzten Laufrunde konnte ich nun (abgesehen von den wiederkehrenden Krämpfen) mit Gelassenheit entgegensehen: Ich war noch locker in der Zeit. Ich traf auch wieder mal einen Läufer und gemeinsam ging es leichter.

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Und DANN: der letzte Parcoursdurchlauf. Wasser hatte es bei den Schlammlöchern schon länger keines mehr, eine zähe Masse umschloss Beine und Arme beim Durchkrabbeln. Die Hände waren nun keineswegs mehr zu gebrauchen zum Festhalten. Vergeblich versuchte ich sie an irgendeinem sauberen Stück Stoff an mir halbwegs sauber zu streifen. Aber so ein Stück Stoff gab es nirgendwo … Die Hindernisse – wie sollte ich diese letzte Rutschpartie nur meistern? Und Helfer waren auch kein in Reichweite. Manchmal brauchte ich nun mehrere Anläufe und wie bequem wäre jetzt der „chicken way“… Aber das verbot mir mein Stolz; ich musste unbedingt „clean“ (hahaha) bleiben. Ich mühte mich ab, die Kräfte schwanden ja auch so langsam. Kräfte? Waren solche in den Armen überhaupt vorhanden? Und manch blauer Fleck und manche Schramme ist der letzten Runde zu verdanken. Die Zuschauer applaudierten bei jedem Hindernis. Der LKW noch (er wurde anscheinend aus Sicherheitsgründen gesperrt – aber wahrscheinlich erst nach mir oder ich habe die Sperre nicht registriert und war „illegal“ unterwegs … Dann noch die gefürchtete schiefe Ebene. Und endlich war es da: das ZIEL!!
4:31h. Der director of pain in seinem Wildsaufellmantel und mit Hauern gekrönt schloss mich in die Arme und sagte, er habe nun seine erste Frau … Cool, jebel, jubel- ich hatte es nicht nur geschafft, sondern war auch erste … unglaublich!!
Jetzt aber erst mal unter die Dusche! Überraschung!!! Die waren UNISEX (Natella, das hab ich bei dir geklaut!!) und gaben so extra warm … (ist für mich sowieso unverständlich, wie die Orga durch Feuerwehrautos Duschwasser für 1500 Leute in die Waldeinöde bringen haben können … und das auch noch angenehm warm … und wir brauchten megaviel, um den Schlamm auch nur ansatzweise wegzubekommen …). Die Farbe des T-Shirts und der Hose waren nicht mehr zu erkennen und würden mehrmaliges Waschen benötigen.
Die Athleten konnten sich an einem riesigen Feuer wärmen. Dann die Siegerehrung. Noch einmal standen die 20er im Mittelpunkt. Die Anstrengung hatte sich gelohnt: Trophäe- eine Helmkamera von GoPro!! und ein Startplatz für die nächste Ausgabe … Da muss ich dann wohl noch mal hin … äääh natürlich „darf“!!
Angefügt noch ein Anekdötchen vom Siegertreppchen: Ich stand in der Mitte. Uns drei Wildsaufrauen wurden die Preise überreicht. Steffi bekam vom director of pain eine Stirnlampe aufgesetzt, die andere Frau eine Helmkamera von GoPro in die Hand gedrückt. Schmachtend sah ich diese an und wandte mich scherzend an den director: „Hach, so eine hätte ich auch gerne …!!“ Dieser sah mich an und entgegnete: „Dann musst du dich nächstes Jahr beeilen und 1. werden!“ Jetzt war mir alles klar und ich rief, ich sei ja die erste. Und Sekunden später hielt ich meine Kamera in den Händen. (Mir tut die Zweitplatzierte leid, die sich eine Minute in Besitz so eines tollen Teils wähnte …)
(Auch auf der 10km-Liste wurden wir geführt: 7. von 123 Frauen; etwa 120. von rund 1000 Läufern. Bei den 20ern: 24. von 40, die von den 150 das Ziel erreichten!!)

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