Frau + Karbon = Randonneur(in) - aber nicht nur ...

Autor: Gabi Winck (Seite 5 von 17)

80% ist mental - der Rest ist Kopfsache

Abenteuer Tuscany Trail 2020

italiano

Horrorvision eines jeden radtransportierenden Autofahrers. Auf den ersten Kilometern in der Dunkelheit wandern meine Gedanken zurück. Autobahn. Mehrmaliges Hupen hinter mir. Ein Auto überholt. Eine Frau deutet heftig mit den Händen. Mein Blick wandert im Rückspiegel nach hinten. Und mein Herz setzt ein paar Schläge aus. Die Räder!!! Sie hängen nur noch in den Halterungen am Radträger. In die nächste Pannenbucht. Die Schreckensvision hat mich eingeholt. Nach dem Video geht es weiter …

Mein Vorderrad hat sogar das Plastikteil aus der Schiene rausgerissen. Ich stelle mir vor, was hätte passieren können, wenn auch die anderen drei Felgenbefestigungen sich gelöst hätten und die MTBs auf die Fahrbahn gekracht wären. Nicht auszudenken. Ich befestige die Räder nun zusätzlich mit Bändern. Weiter Richtung Massa, wo ich am späten Nachmittag auf Hermann treffen sollte zum Start des Tuscany Trails. Keinen Kilometer weiter leuchtet aus dem Cockpit die Meldung „Druckverlust – Reifendruck kontrollieren!“. Ich technische Niete habe noch nie im Leben den Auto-Reifendruck kontrolliert. Ich drossle die Geschwindigkeit. 20 Kilometer zur nächsten Tankstelle. Der rechte Vorderreifen, der ist nahezu platt. Glücklicherweise nehmen die Tankwarte sich meiner an: Schaum hat keine Wirkung, der nächste Gommista ist nicht weit, schlimmstenfalls muss ich den Abschleppdienst rufen. Aber Plan B: Der Wart sticht zunächst mal mit seinem Werkzeug in den Reifen, das Loch sei komplett durch … Naja, denke ich, jetzt hundertpro, aber er wird schon wissen, was er tut. Von unseren Tubeless Reifen an den Rädern kenne ich schon das braune Würstchen, das nun in das Loch gestopft wird. Ob das bei einem Auto wohl hält? Dankbar begebe ich mich auf die Weiterfahrt, misstrauisch beäuge ich in kurzen Abständen die Anzeige im Auto. Es tut sich glücklicherweise nichts mehr – noch. Jetzt kann wohl nichts mehr schief gehen … Aber wie heißt es? Aller guten Dinge sind drei … Gilt das auch für die weniger guten? Es gilt … Bei Modena verfahre ich mich Richtung Bologna. „Verfahren“? Ach, wenn ich doch nur auf dieser Spur geblieben wäre… Ankunftzeit 16:30 in Massa.

Aber Frau meint es besser zu wissen und vertraut auf das Navi und Mister Garmin. In Reggio Emilia runter von der Autobahn. Als ich spitzkriege, dass da etwas nicht stimmt, bin ich schon lange unterwegs in der Pampa. Zurückfahren? Zeitverlust! Also weiter … So gondelte ich auf einer Dörferstraße durch die (wunderschöne) Gegend und überquerte nach Stunden den Apennin über den Passo Cereto. Ankunft in Massa 19:30, wo Hermann nun im Dunkeln sein Rad herrichten muss, den Platten entdeckt und dass das Schaltauge verbogen ist. Ich beichte. Wir vermuten Schuld am „Umfall“ der Räder ist eine verkantete Oberrohrbefestigung, die sich gelockert hat und ein Schaumgummiteil, das zum Schutz angebracht wurde und der Halterung nicht den nötigen Widerstand bot.

Day 1
163 km/ 1900Hm  Massa- Antella (bei Florenz), Fahrzeit: 9:26h

Nach dem gestrigen Schreckenstag ist jetzt alles gut. Wir sind auf dem Rad. Einsam, denn wegen Covid-19 gibt es keinen Massenstart.
Bald wird es auch schon  trailig, so wie wir es uns vorgestellt hatten. Die große Unbekannte ist, einzuschätzen, wie weit wir heute kommen werden. Schaffen wir es bis Florenz? Wann sollen wir uns nach einer Bleibe für die Nacht umschauen? Biwaksack & Co hatten wir zuhause gelassen, die Wettervoraussichten erschienen uns zu ungemütlich, um im Freien zu übernachten. Lucca ist rasch erreicht und weiter geht es durch die Ebene. Aber wie. Habe ich sonst immer ein Putztuch mit, um mein Rad etwas sauber zu halten -Putzfimmel lässt grüßen-, so hätte ein solcher Wischlappen absolut nichts genutzt heute. Ständig geht es über pfützenübersäte Feldwege.

Anfangs versuche ich noch krampfhaft nicht durch den Matsch zu fahren und den teichgroßen Pfützen großräumig auszuweichen, aber das erweist sich als vergebliche Liebesmüh. Innerhalb von kurzer Zeit wechselt mein MTB seine Farbe.

Highlight ist die Fahrt durch Lucca und dann entlang des Acquedotto Nottolini. Nach römischem Vorbild war hier im 19.Jahrhundert das Aquädukt gebaut worden, um qualitätsvolles Wasser in die Stadt zu bringen. Dann wie gehabt über Löcherpisten – sprich Feldwege. Irgendwann können wir aber auch die Bombentrichterwege hinter uns lassen, es wird hügelig, Olivenbäume säumen unsere Wege. So stelle ich mir die Toskana immer vor. Recht lustig vorwärts geht es dann am Ufer des Arno bis Florenz. Am späten Nachmittag reihen wir uns dann im Zentrum in die Tausenden von Touristen ein, die sich durch die Altstadt schieben. Von Corona scheint hier niemand was gehört zu haben. Bin ich froh, als wir die Stadt der Medici, die sogar kurzzeitig einmal die Hauptstadt Italiens war, hinter uns lassen können. Nun wird es aber spannend, denn auf den nächsten Kilometern tangentieren wir nur wenige Dörfer. In Antella konsultieren wir bei Focaccia und Cola die Booking-Plattformen. Es gibt fast nichts und das wenige ist ausgebucht. Ich lasse mich schon auf den Gedanken ein, dass wir unter Sternenhimmel frieren sollten … und zähle alle meine Kleidungsstücke, die ich im Notfall übereinander schichten könnte. Letzter Versuch. Treffer: eine Appartmentstruktur für Handelsreisende. Gottseidank!

Day 2   
117km/ 2700Hm              Antella – Siena,                 Fahrzeit: 9:06h

Vor Morgendämmerung sind wir wieder unterwegs. In der Nacht hatte es geregnet. Unterwegs treffen wir auf German, der unter seinem Tarp wohl trocken geschlafen hatte und dabei ist, seine Siebensachen zu packen. Kalt ist es. Das Gelände wird wieder trailig. Einsamkeit zig Kilometer weit. Wurzeln und Steine sind sehr rutschig. Schnell kommt man da nicht weiter. Irgendwann in der Einsamkeit ein paar Häuser, eine Bar mit Tante Emmaladen. Tante Emma ist hier allerdings ein gut beleibter Herr, der uns mit Brioches, Cappuccino versorgt und mit Proviant für den Tag: Focaccia mit Prosciutto crudo und Pecorino. Das Lunchpaket findet Platz auf meinem Packsack („Arschrakete“ 😊) hinten, festgezurrt mit Gummibändern. Ich hoffe nur, dass mein Esszeug bei mir bleibt. Ich denke zurück an die Alpi4000, bei der ich wie Hänsel und Gretel unterwegs war und meinen zurückgelegten Weg mit belegten Broten, Bananen, Pfirsichen und Co markiert hatte, sehr zur Belustigung der nachfolgenden Randonneure. Geflügeltes Wort ‚Ah, Gabi, era giá qui …‘ – Gabi ist hier schon durch … Nicht umsonst mache ich mir Sorgen um meine Foccaccia, denn die Wege in den Hügeln des Valdelsa stellen nun hohe Anforderungen an mein Fahrtechnik-Können und sind sehr ruckelig.
Heute, Sonntag, sind so früh ziemlich einige Jäger unterwegs. Ein Reh läuft uns über den Weg. Kurz darauf ein Jäger. Scherzhaft rufe ich ihm zu: „I cetrioli sono giá spariti …“ Stirnrunzeln vonseiten des Jägers. Nach der nächsten Biegung belehrt mich Hermann: „Reh heißt capriolo, Hirsch cervo und cetriolo ist eine Essiggurke …“ 😊😊😊

Gegen Mittag wird es wieder lieblicher und nachdem wir über einen über 20%-en Anstieg hochgeschnauft sind, kann man über Olivenbäume und Weinreben in der Ferne die Hügelstadt San Gimignano mit seinen unzähligen Türmen erkennen. Wir tauchen einige Kilometer später vollkommen in die Atmosphäre des 14. Jh. ein. Auf der Piazza della Cisterna, einem dreieckiger Platz, der von mittelalterlichen Häusern gesäumt ist, gönnen wir uns ein Dolce, -ich einen Latte Macchiato wie immer mit zweimal Zucker- und Spremuta all’arancia, um den Vitaminhaushalt wieder auf Vordermann zu bekommen. Dann geht es an die Abfahrt. Der Blick gen Himmel verspricht nichts Gutes. Dichte Wolken haben sich zusammengebräut. Und als wir wieder auf der Via Francigena unterwegs sind und das Terrain wieder unwegsamer, fallen auch schon die ersten Tropfen. Im Nieselregen besuchen wir noch Monteriggioni, das uns auch wieder die Tür ins Mittelalter öffnet. Die Stadt inmitten der toskanischen Hügel wirkt wie ein magischer Ort aus einem Märchen: Der Mauerring und die 14 eindrucksvollen Türme umschließen sie wie in einer Umarmung und dient sogar als Kulisse für ein Computerspiel. Bei leichter Dämmerung erreichen wir dann Siena und entschließen uns für ein Nachtlager im NH-Hotel und gemütliches Pizza-Abendessen. Zuvor reihen wir uns aber in die unzähligen Besucher der Piazza del Campo ein. Der berühmte muschelförmige Platz, der vom in schwarzem und weißem Marmor erbauten  Dom und von der Cattedrale di Santa Maria Assunta dominiert wird raubt jedem Besucher den Atem.

Day 3   
146km/ 2700Hm              Siena – Sorano               , Fahrzeit: 9:20h

Da es erst ab 7 Uhr Frühstück gibt, wird es heute etwas später. Noch einmal lassen wir das Flair des Piazza di Campo auf uns wirken, heute nahezu menschenleer. Ich stehe hier mit gemischten Gefühlen, denn ich bin kein Freund des Palio, eines Pferderennens, das zwischen den verschiedenen Stadtteilen (contrade) ausgetragen wird. Die Pferde müssen in gestrecktem Galopp einen Parcour auf dem rutschigen Kopfsteinpflaster zurücklegen.
Der heutige Tag wird geprägt sein von sanften Hügeln und wunderschön harmonischen Landschaften und die Fahrt durch das Val d’Orcia. einfach so, wie man sich die Toskana vorstellt. Zu jeder Tageszeit kann man am Horizont Stadttürme sichten oder auf Hügeln thronende Weingüter, gesäumt von Zypressen.
Gegen Mittag erreichen wir San Quirico d’Orcia, ein Ort, der wahrscheinlich etruskischen Ursprungs ist, inmitten einer unglaublich sanft geschwungenen Hügellandschaft mit Olivenhainen, Weinbergen und Eichenwäldern.

Foccaccia-Mittagessen. Dann geht es an die Abfahrt, das nächste mittelalterliche Städtchen, Pienza, ist nicht weit. Nun liegt noch der gefürchtete Anstieg nach Radicofani vor uns und wir fragen uns, ob es zeitlich noch drin ist, bis Sorano weiter zu fahren, wo wir unser Nachtlager aufschlagen wollten. Es geht jetzt durch das Val d’Orcia, immer den Monte Amiata vor Augen.

Der Organisator hatte die Strecke aktualisiert und dringend davon abgeraten, wegen des Hochwassers am Vortag am Fluss Orcia entlang zu fahren. In der Gruppe rollen wir lustig dahin. Und: Wir versäumen natürlich die Abzweigung. Und sind am Ufer des Orcia. Mist! Pfütze reiht sich an Pfütze, dazwischen schmierige Schlammpassagen. Die Räder bohren sich mitunter tief in die rutschigen Schichten und einige Male bin ich auf der Kippe. Die Gruppe ist längst weg. Nach einer Biegung ein Bachlauf vor uns. Unsere Mitfahrer auf der anderen Seite geben gerade Hermann Tipps, wie er trockenen Fußes rüberkommt. Ich solle einfach Hermann mit Schwung nachfahren. Ich bleibe abrupt stehen, verweigere wie ein Ross das Hindernis. Weiter? Nein! Doch. Ich überzeuge meinen inneren Schweinhund, dass das nichts Gefährliches sei, dass höchstens Smartphone und GoPro gewässert würden. Aber die GoPro ist ja wasserdicht und das Handy hatte ich eh schon gecrasht beim Three Peaks Bike Race Wien-Nizza.

Also durch. Und ich kann das ohne nasse Füße zu bekommen. Das Navi zeigt mir allerdings noch drei Überquerungen an. Und dann stehe ich plötzlich vor einem Abbruch. Der Weg ist weg und Leere unter mir – einige Meter. Was nun? Von der anderen Fluss-Seite höre ich Rufen. Da könne ich nicht weiter, ich müsse zurück und dann auf Steinen den Orcia überqueren. Nicht schwierig, aber nasse Füße möchte ich doch nicht bekommen. Leider geht es nicht ohne das … zu rutschig sind die Steine auf denen ich nun filmreif über den Fluss stakse. Gelächter und Tipps von drüben. Und dann beginnt er, der gefürchtete Anstieg auf die Rocca di Radicofani, vor uns auf dem Felsen der hoch oben thronende Turm der Festungsanlage, den man schon zig Kilometer weiter aus der Ferne erkennen konnte. Etwa 500 Höhenmeter steil bergauf führt die Strecke auf Schotterwegen. Die ersten Meter lege ich zu Fuß zurück. Das wäre durchaus auf dem Rad zu schaffen, aber es ist auch fein mal die Beine zu vertreten.

Oben verschlucken uns wie immer die engen Gässchen des mittelalterlichen Stadtkernes. Vor einem kleinen Laden ein Tischchen mit Bananen und anderen Energieträgern. Die Ladeninhaberin nutzt die Gunst der Stunde und verspricht, sie würde uns leckere Panini machen. Das ist ein Wort. Also kurzfristig Abendessen. Auf dem Platz nebenan trifft man sich. Einige ältere Leutchen genießen die letzten warmen Sonnenstrahlen und auch eine Handvoll Tuscany-Trailer. Diskussion, wer noch wohin fährt. Wir wollen bis Sorano.

Da wir die Beschaffenheit des Trails nicht wissen und deshalb auch nicht, wie wie lange wir für die etwa 40 Kilometer brauchen würden, wollten wir erst von unterwegs eine Unterkunft suchen. Die Sonne macht sich bereit zum Schlafengehen. Wir kommen zügig voran und schaffen es bei Dämmerung vor Ort zu sein. Sorano, der spektakuläre mittelalterliche Häuserhaufen, nimmt uns auf. Wir hatten das letzte Zimmer im sagenhaften Hotel della Fortezza ergattert und sind sprachlos: Ein wunderbares kleines Hotel in der Festung hoch über Sorano. Auf einer unregelmäßigen aus Stein gehauenen Treppe erreichen wir unser gemütliches kleines Zimmer. Und bei Abendessen in einem romantischen Mini-Kabüffchen für zwei Personen mit „Degustationsmenü“ bei Kerzenlicht und bei leckerem Rotwein vom Weingut Poggio Pinzo lassen wir die über neun Stunden Fahrzeit mit den Tausenden von Eindrücken Revue passieren. So ist auch schon vorprogrammiert, dass die Startzeit am nächsten Tag wohl wieder nach hinten verschoben würde.


Day 4   
82km/ 1300Hm                Sorano – Orbetello         , Fahrzeit: 5:05h

Tolles Frühstück und wie gesagt jeden Tag eine Stunde später Aufbruch. Heute steht nur noch wenige Kilometer an, leider sind die Tage zu schnell verflogen und ich beneide fast die Leute, sich für den Trail mehrere Tage Zeit lassen. Wir bewundern noch ein letztes Mal Sorano aus der Ferne, dann haben wir schon die in Tuff-Felsen gehauene Stadt Pitigliano erreicht und zwar nicht auf der Zufahrtstraße, nein, das wäre zu einfach gewesen. Wir mühen uns durch den Originalweg und schieben auch teilweise. Oben staunen wir über das wie ein Adlerhorst auf dem roten Felsen gebaute Städtchen. Die Altstadt-Gässchen – ein Traum. Aber wir müssen weiter. Auf Schotter und einige Bachüberquerungen weiter unser letztes Städtchen:

Capalbio. Mittagszeit. Hier beschließen wir gemütlich einzukehren. Sehr gemütlich, denn die Dame des Restaurants in der Festung ist maßlos überfordert. Lange warten wir auf unser leckeres Spezzatino mit Cicoria und das Viertelchen Rotwein. Kurvengeist vorprogrammiert. Weiter. Nun geht es nur noch runter. Tendenziell wieder einmal. Da kennen wir ja schon. Das Profil schaut eben oder absteigend aus, dennoch immer wieder kleine Spitzen. Ein Straßenschild verspricht nur noch fünf Kilometer bis Orbetello. Seltsam Mister Garmin sagt ganz was anderes, nämlich zwölf. Aber klar, wir fahren wieder kreuz und quer durch die Pampa. Ich füge mich in unser Schicksal und bin letztendlich froh, denn die letzten Kilometer führen durch einen sagenhaften Pinienwald und dann am Ufer der Lagune von Orbetello entlang. Sehr schön. Dann vor der schmalen Landzunge, die zum Ziel führt, macht Hermann eine Entdeckung: ein Camper-Stellplatz mit Waschgelegenheit für unsere Räder. Wir nutzen die Gelegenheit, auch wenn ich von boshaften Stechtieren nur so attackiert werde, die sich in dem feuchtheißen Klima rund um die Schläuche sehr wohl fühlen und da sonst keinerlei Opfer in Sicht sind, nehmen sie auch mit uns verschwitzten und wahrscheinlich nicht sehr gut riechenden Radlern vorlieb.

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Über die Brücke und wir sind da. Ein zwischen zwei Bäume gespanntes Tuscany-Trail-Banner kündet vom Ziel. Sonst ist nichts los hier. Leider. Aber das ist wohl dem alles beherrschenden Covid-19 geschuldet. Doch hinter uns noch zwei Radfahrer, die sich aber nach dem „Hallo“ auch gleich von dannen begeben. Wir gucken auf die Uhr und müssen uns auch sputen, denn eine halbe Stunde später geht schon der nächste Zug zurück nach Massa … Ein Glück, dass wir nun mit sauberen Rädern die Eisenbahn besteigen können …

Zum Nachfahren: strava

Schottergaudiiiiiiii

Schottergaudi? Schon im vergangenen Jahr waren wir dabei … ich eierte mit meinem Gravel-Traktor (oder besser „Trektor“*?) über die zum Teil doch recht grenzwertigen Pfade. Spaß war streckenweise wirklich was anderes … Aber frau vergisst schnell. Und weil ich Wiederholungstäterin bin, reihe ich mich nun in das Credo von André K. ein:  #schotterliebe.
(Zum Nachlesen: Karwendel-Wetterstein-Brevet 2019)
Ralph und Peter (Fahrradmanufaktur Velo-Welt) laden ein. Stützpunkt ist wieder das IQ (Innovationsquartier Murnau).
(*hahaaaaa … wer hat es enträtselt? Trektor, weil Trek Checkpoint SL 6)

Hier zuerst wieder mein Video (7 min)


Samstag 6:15 Uhr – IQ- Kantine
 Frühstück – professionell und liebevoll von Rami vorbereitet und serviert. Wir schwelgen unter anderem in traditionellen syrischen Spezialitäten. Sagenhaft lecker und lädt meine Energiereserven solchermaßen auf … sodass ich bei unserer Rückkehr am Abend fast mein gesamtes Kontingent an Power-Nahrung ungenutzt aus meinen Siebensachen am Rad packen konnte …
Ralph verspricht beim Briefing, dass die Reste vom Frühstück auf uns warten werden, zusätzlich zu einigen Six-Packs Bier … Das ist schonmal ein perfektes Lockmittel um durchzuhalten. Auch wenn wir im Vorfeld geschätzt mit unseren MTBs doch hundertpro länger unterwegs sein würden …

Start
Die gesamte Mann- und Frauschaft versammelt sich. Gleich soll es losgehen. War ich im Vorjahr „Primaballerina“ – das heißt einzige Frau, so wagen es nun knapp eine Handvoll weiblicher Wesen – also Frauenpower und die 40 Räuber so ungefähr -*grins. Dieser Exkurs trotz des Einwurfs von M.: „Wenn wir da anfangen müssen zu zählen …“ das Weitere verstand ich akustisch nicht ganz … Kurz: Wir haben das Mischungsverhältnis von normal 1:10 bei den verrückteren Sachen aufrechterhalten. Die traun sich was die Fraun … Und das ist gut so …

Vorgeplänkel – Richtung Garmisch
Einige zusätzliche Schotterpassagen sind eingebaut. Ganz nach unserem Geschmack, denn mit dem Race-Fully brettere ich darüber wie nichts. Bzw. ich muss vor Farchant auch mal schieben, wer hätte das gedacht. Eingebremst werden wir nur kurz vor Garmisch als sich uns eine Dame in den Weg stellt und fragte, was das sollte, dass sich eine Hundertschaft an Radfahrern an ihrem Hof vorbeiwälzt, ob wir denn das Schild „Privatgrund“ nicht gesehen hätten. Da uns die Frau ihren Behälter mit Brombeeren vor die Nase hielt, wollte ich schon scherzhaft fragen, ob ich mal reingreifen dürfte … das ließ ich aufgrund des düsteren Blickes doch lieber bleiben. Vielleicht müsste man den Track hier etwas nachbessern.

Es wird ernst: Zur Hochthörlehütte und nach Ehrwald runter
Richtung Eibsee hat sich Ralph was „Hübsches“ einfallen lassen – steilst durch den Wald. Ob hier die Gravel-Biker auf ihrem Drahtesel wohl hochkommen? Oder wird der ein oder andere hier auf die Straße ausweichen? Ich bin froh als ich das bunte Getümmel rund um die Zugspitz-Seilbahn wieder verlassen kann und auch die Hochthörle-Hütte lassen wir rechts liegen und machen uns gleich an den Asphalt-Ride runter nach Ehrwald. Durst! Auch ein Brunnen liegt an der Strecke. Wir tauschen uns etwas mit … (keine Ahnung) aus. Dann geht es weiter. Die Strecke zweigt in einen netten Wald-Pfad ein und den sausen wir runter, bis uns eine Radfahr-Verbot-Tafel umlenkt und wir auf die Straße ausweichen, übrigens das einzige Mal, sonst haben wir uns penibelst an den Track gehalten, um nur ja jeden Meter Gaudi auszukosten.

Zünftig: Zur Ehrwalder Alm
Wir wussten es ja schon: Zwar nur wenige Kilometer und Asphalt, die aber mit dem ganzen Programm: 16 bis 19% Steigung durchgehend. Auf die Gulasch-Suppe in der Ehrwalder Alm freute ich mich schon. Nach in der Trikottasche zerquetschten halben Brezel hatte ich noch nichts gegessen bis hierhin, so gut hatte das Frühstück gesättigt. Zum Glück erreichte mich erst in Sichtweite der Hütte die Feststellung meines Göttergatten: „Wir fahren weiter, oder? Ich habe so viel Ess-Zeug mit!“ (So viel zum Oberhaupt der Familie. Bei uns gilt: Wichtige Entscheidungen hat er über, weniger wichtige ich … ABER: wichtige Entscheidungen gibt es keine … *grins). Also ohne Gulaschsuppe weiter. Kurz darauf haben wir den höchsten Punkt erreicht – sagen wir mal den vorletzten höchsten Punkt vor dem Karwendel-Haus. Nun bestehe ich aber darauf, dass wir uns mal gemütlich niederlassen und das mitgeschleppte Brot essen. Und kurz zuvor waren wir sogar wieder an einem Brunnen vorbeigekommen.

Speed nach Leutasch – Mittenwald – Scharnitz
Die lange Abfahrt ist eine Gaudi- anfangs eine Schottergaudi eingebettet in Traumpanoramen. Auf dem Hochplateau von Leutasch geht es durch wunderschöne ländliche Dörfchen mit Almabtrieb-Atmosphäre und neu, eine schöne Wanderwegstrecke ist eingebaut, zum Glück ohne Wanderer.
Auch auf dem idyllisch an der Isar entlangführenden Schotterweg brettern wir flott nach Scharnitz. Und hier bestimme ich: „Ich brauche Cola und Kuchen!“ – aus Cola wird leider Holundersaft … Klingt auch ähnlich Cola-Holer … Dafür leiste ich mir ein anderes Aufputschmittel: Latte-Macchiato – natürlich mit zweimal Zucker – wie immer auf langen Dingern (letztens beim Three Peaks Bike Race von Wien nach Nizza hatte ich mich zur nächtlichen Stunde über die Runden gerettet nur mit dem Gedanken an den nächsten Latte … Wer die Tour der hunderttausend Zweifel noch mal mitleiden möchte: hier).
Es ist kurz vor 15 Uhr, wir sind trotz MTB dem Zeitplan sogar etwas voraus. Wer hätte das gedacht.
Hier wird etwas später das Team „Besenwagen“ das „Audax-Hotel“ beziehen, sehr cool, ein abgestellter Planwagen dient ihnen als Nachtlager.

Laaaaang zum Karwendel-Haus/ Hochalm-Sattel
Wir tauchen ein in die Welt des Karwendelgebirges. Etwa 20 Kilometer führen nun taleinwärts. Abgesehen von den anfangs vielen Radfahrern (auffällig viele mit E-Antrieb), die schon auf dem Heimweg talauswärts rollen und die uns mitleidig entgegenblicken, wird es nun richtig einsam. Wunderbare Bergwelt rundum. Und irgendwann thront hoch oben in den Felsen das Karwendel-Haus. Das Erreichen des höchsten Punktes heute zieht sich noch etwas, haben wir doch schon an die 3000 Höhenmeter in den Beinen und etwa 120 Kilometer. Aber dann ist der Hochalmsattel endlich unser. Und jetzt geht es fast nur noch runter.
Gegen 16:30 – wir kämpften uns gerade die letzten Meter zum Karwendel-Haus hoch-  die Schreckensmeldung aus dem Innovationsquartier von René und Michael: „Wir fressen euch jetzt alles weg …“. Wie das denn? In nur 9 Stunden (!!!) haben die Jungs das Ding gerockt …
Wir machen weiter mit unserer Genießer-Tour. Die Drohung nehmen wir nicht ganz ernst, die werden uns wohl noch was übrig lassen …

SCHOTTERGAUDIIIII zum Kleinen Ahornboden
Die Horror-Abfahrt im Vorjahr mit meinem Gravel-Bike hatte ich noch gut vor Augen. Nun würde es wieder ernst. Wir lassen Schleichi mal vorfahren. Ich will noch etwas Zeit schinden und bewundere die wunderbare Aussicht auf die Laliderer Wände. Die grünen Almwiesen werden vom Grau der 800 Meter senkrechter Felswände überragt.  Einfach kolossal. Aber Zeit schinden bringt gar nichts. Ich muss da runter. UND die Zeit läuft und das „Frühstück“ wartet … UND – wer hätte das gedacht? Die folgende Abfahrt entpuppt sich für mein Race-Fully und mich (fast) als wahre Gaudi.


Das reißen wir flott runter: Rißtal und Isartal
Es geht mit Karacho durch die Täler. Ich hätte gar nicht gedacht, welchen Speed mein MTB draufhat. Bei  39 Km/h etwa fehlt mir in der Kassette hinten jedenfalls ein weiteres kleineres Kettenblatt … Und Beeilung … klar wegen der Frühstückreste … Die Sonne geht unter und hinter der nächsten Ecke drei Radfahrer mit staubigen Rädern … die gehören also zu uns. Problem? Nein, nur Umstellung auf Nachtfahrmodus, sprich Lampen montieren. Die Jungs schließen bald zu uns auf. Mit halbem Ohr höre die Diskussion hinter mir: „Dranbleiben oder …?“ Keine Ahnung was das „oder“ war … Einstimmig vernahm ich ein „Dranbleiben“. Was das jetzt aber für eine Verantwortung für mich bedeutete … Also an Speed zulegen, komme, was wolle. Und es kommt … stetig geht es nun auf der Mautstraße aufwärts. Wäre ich alleine gewesen, hätte ich vielleicht etwas Speed rausgenommen … aber mich ritt der Ehrgeiz … nur nicht lockerlassen! Zudem sollte das ganz locker aussehen, wie die alte Tante da durch die Gegend braust … Hahhaaaaa! Aber was Gutes hat die schnelle Fahrt. Die paar Minuten Einsparung lässt uns dann noch bei einem klein Bisschen Helligkeit die Furt im Eschenlaine-Tal queren. Kurz vor Wallgau lasse ich die Jungs vorbei, zu schön ist die Aussicht auf das Wetterstein-Gebirge in der Ferne. Das muss abgelichtet werden.

Nochmal Nervenkitzel: Das Eschenlaine-Tal
Rasch fahren wir von Wallgau nach Einsiedl ab. Nun wird es noch stark dämmrig. Erinnere ich mich nur noch vage, dass es nochmal bergauf ging, so bin ich unangenehm überrascht, wie steil es noch mal wird. Dann endlich Abfahrt. Schon auf den ersten Metern erkenne ich, dass ich ein kleines Problem habe … Die Halterung meiner Frontlampe verrutscht durch das Geruckel über den unebenen Untergrund. Alle paar Sekunden zeigt das Leuchtmittel mir nicht den kniffeligen Untergrund an, sondern leuchtet senkrecht nach Oben und der Weg vor mir versinkt in der Dunkelheit. Eine Hand muss nun den Lenker verlassen und das Ding wieder nach Vorne biegen. Ganz schön schwindlig die ganze Abfahrt. Nicht nur einmal dreht sich mein Vorderrad im tiefen Schotter ab und ich laufe Abflug-Gefahr. Trotzdem: War ich besorgt gewesen, ich hatte die tricky Abfahrt mit dem Gravelbike noch im Kopf, machte es mir mein Simplon Cirex doch um ein Vielfaches leichter und chauffierte mich ohne Absteigen durch das Tal – auch über die steilen Stufen, während man links im „out“ – es war zappenduster- unheilvolles Wildwasser rauschen hörte … Da musste eine Schlucht sein … Zu sehen bekam ich diese dieses Jahr trotz Vorsprung leider wieder nicht.
Die letzten 10 Kilometer zurück nach Murnau sind easy, Schotter-Radweg entlang der Loisach. (Die kennen wir ja schon von der Rando Imperator von München nach Ferrara, aber das ist eine andere Geschichte)

Ziel im IQ in Murnau
Kurz vor 21 Uhr überqueren wir die Ziellinie. Das Beeilen war leider zwecklos gewesen … Keine Spur des versprochenen Frühstückrests … Letztes Jahr war hier die Hölle los. Eine Fete der Jugend von Murnau, aber wir hatten auch eine Menge Spaß mit den ankommenden Radfahrern. Dieses Jahr „tote Hose“ … ein paar leicht griesgrämig dreinblickende Radler sitzen noch rum, nix Gaudi? Oder hatten die sich etwas auch noch was vom Frühstück erwartet und sind jetzt voll hungrig? War wohl ein typischer Fall von „Denkste!“
Also nix Gaudi? WIR hatten die zur Genüge … SCHOTTTTTTERGAUDI!!!!!!


Fazit: Nächstes Jahr unbedingt wieder mit dem MTB. Wider Erwarten waren wir mit dem MTB gut eine Stunde schneller unterwegs als mit dem Gravelbike und viele Stellen hatte ich mit viel mehr Gelassenheit gemeistert …

Ein riesiges Dankeschön an Ralph, Peter und Rami und das Innovationsquartier!!!
Wir kommen wieder – und ich muss mir jedenfalls für 2021 nicht den Kopf zerbrechen, mit welchem Rad …

solo-overnighter Mailand-Brixen

Uboldo (Mailand) -Comer See – Valtellina – Passo Aprica – Edolo – Tonalepass – Val di Sole – Mendelpass – Brixen

Gratis Shuttle nach Mailand? DIE Gelegenheit darf frau sich nicht entgehen lassen. Und hatte Hermann vor kurzem mal von seiner „durchgeknallten“ Ehefrau gesprochen, so muss ich doch wieder mal was zur Aufrechterhaltung meines Images tun …

Plan: mit dem Rad heim fahren … es sollte ein Overnighter werden, also darf der Biwaksack mit …

Tourenlänge: 355 km/ 4800 Hm
Ausgangspunkt:  Uboldo bei Mailand
Wegbeschaffenheit: Radwege, sekundäre Sträßchen, kaum Hauptstraßen
Zeit: reine Fahrzeit ca. 17 Stunde

Beschreibung:

  • Uboldo – Como:

Ich starte gegen 9 Uhr in Uboldo nahe Mailand. Verkehrsarm geht es auf Nebensträßchen 30 Kilometer bis kurz vor Como. Ich halte den Atem an, als ich um eine Kurve fahre und tief unter mir Como und den See erblicke. Ein hübsches Serpentinensträßchen bringt mich nach unten.

  • West-Ufer Comer Sees:

Der erste Teil bis etwa Menaggio ist sehr schön, es geht durch Dörfchen nah am Ufer entlang und es fahren relativ wenige Autos. Dann aber zeichnet sich die Fahrt bei mir am späten Vormittag durch einen Stop & Go aus. Vor allem bei den Dorfeinfahrten staut es sich und auch als Radfahrer kann man sich nicht immer vorbeischlängeln, sondern steht ebenso in der Hitze, ohne Klimaanlage …  

  • Sentiero Valtellina.

Durch den Veltliner Talboden führt ein schön angelegter Radweg, oft in unmittelbarer Nähe des Flusses Adda. Am Ende des Comer Sees fahre ich zunächst durch Dörfchen, bis ich auf den Radweg treffe. Auf diesem geht es für mich bis nach  Morbegno, das wir schon als Dorf am Fuße des San Marco Passes kennen (Superrandonneé Lombardia Extreme).

Ich folge allerdings bis Sondrio unseren Spuren bei der Superrandonneé verkehrsarm auf Nebenstraßen durch das Tal, da ich etwas schneller weiter kommen wollte als auf dem Radweg. Nach Sondrio bleibe ich aber auf dem Radweg.

  • Passo Aprica

Bei San Giacomo verlasse ich den Radweg, es geht nun das erste Mal ernsthaft für 18 km aufwärts. Dieser Aufstieg auf den Passo Aprica ist empfehlenswert, da nahezu ohne Autoverkehr und schattig.

Erst die letzten Kilometer verlaufen auf der Straße, die von Tresenda nach oben führt und diese ist stark befahren. In der Kurve vor der Passhöhe mache ich eine Eis-Cola-Rast in einer kleinen Bar mit Terrasse.

  • Aprica – Edolo

Auf diese Abfahrt hatte ich mich eigentlich gefreut, mache hier leider meinen einzigen Fehler auf der Fahrt und bin rechts abgezweigt und über die Dörfer Corteno Golgi und Santicolo. Die Straße bringt einige Höhenmeter und die steile Abfahrt nach Edolo auf schlechtem Straßenbelag ist nicht so erhebend.

  • Radweg Edolo -Ponte di Legno

Es gibt einen schönen Radweg von Edolo, etwa 20 Kilometer lang, der mich in Auf und Ab und einigen steileren „Stichen“ bis Ponte di Legno bringt. In Edolo habe ich einige Schwierigkeiten, den Anfang des Radweges zu finden und lege einem Schild folgend eine kleine Strecke sehr steil und gepflastert zu Fuß zurück.

  • Passo Tonale

Von Ponte di Legno gelangt man relativ schnell auf den Tonalepass. Es sind etwa 10km mit knapp 600 Höhenmetern auf der Pass-Straße zu überwinden. Hatte ich vor noch abzufahren ins Val di Sole und mir dort einen Schlafplatz irgendwo am Radweg zu suchen, so lässt mich das Wetter ganz spontan umdisponieren.

Dichter Nebel am Pass und ungemütliche Temperaturen machen mir die Entscheidung leicht und ich checke auf der Passhöhe in ein Hotel ein, die vernünftige Variante.  Hotel. Und wenn, dann auch gleich mit Frühstück. Warum sollte ich um 4 Uhr aufstehen und weiterfahren? Wartet doch niemand auf mich außer die Hausarbeit …

  • Radweg durch das Val di Sole

Nach der Abfahrt vom Tonalepass nach Ossanna geht es 25 Kilometer talauswärts, vorbei an Dimaro, Malé und vielen anderen Dörfchen. Der Radweg ist sehr schön angelegt, entlang des Flusses Noce. Beliebt ist der Fluss für seine rasanten Raftingfahrten. Viele Radfahrer kamen mir entgegen, man muss etwas aufpassen, da die „Sonntagsradler“ auf ihren oft gemieteten Rädern manchmal für ihre Schlangenlinienfahrt die gesamte Radwegbreite benötigen. Es geht fast immer leicht abwärts. Unterwegs lerne ich Fabio kennen und wir fachsimpeln etwas über schöne Radtouren, er ist mit seinem Gravelbike unterweg zum Monte Pello bei Cles. Ich muss links abbiegen und die kurzweilige Fahrt ist leider zuende.

  • Lago di Santa Giustina – Fondo – Mendelpass

Etwas mühsam bei der Hitze, aber der Blick auf den gut gefüllten Lago di Santa Giustina lenkt ab und auch die Fahrt durch die Dörfchen mit den interessanten Namen Cloz und Brez. Einige Kilometer vor Fondo wird es steiler, hier beginnt der 15 km lange Aufstieg auf den Mendelpass. Ab Malosco knapp oberhalb von Fondo ist es dann nur noch easy auf die Passhöhe hinauf. Nichtsdestotrotz glaube ich mir wieder eine Rast verdient zu haben und im Hotel Waldheim an der Strecke genehmige ich mir wieder mal eine Cola und einen leckeren Blaubeerkuchen.

  • Mendelpass-Bozen-Eisacktal-Radweg

Traumblicke habe ich von der Mendelpass-Straße Richtung Überetsch. Ab Eppan bin ich wieder auf einem Radweg und flitze auf der alten Bahntrasse hinunter nach Bozen. Auf dem Radweg durch das Eisacktal geht es weiter nach Hause, nicht ohne Einkehr auf einen Johannisbeere-Saft bei der Radstation Bios bei Atzwang.

Three Peaks Bike Race 2020- Der Schmerz vergeht, der Stolz bleibt

„Plopp …!“, 3:18 Uhr am Morgen – ich sitze in Sekundenschnelle kerzengerade in meinem Daunenbett auf der Luftmatratze. Was gibt es hier im französischen Bergwald wohl für wilde Tiere? Bären? Wölfe? Wildschweine? Was war das gerade, was auf meinen Biwaksack geploppt ist?

Und so kam ich in diese Situation …

Aber zuerst mein Video …

2019 sind die Mühen des TPBR von Wien nach Barcelona schnell vergessen, Hermann und ich sind uns einig, wir machen wieder als Team bei der TPBR 2020 mit, diesmal mit Ziel Nizza – ich wollte ja schon lange ein Foto von „#ILoveNICE“.

Kontrollpunkte des TPBR2020:
CP1 Großglockner, CP2 Col Sanetsch und CP3 der Mont Ventoux.
Dazwischen gab es für uns jede Menge weiterer Berge, um an das ersehnte Ziel Nizza zu gelangen. Das Durchfahren der Po-Ebene –da waren Hermann und ich einig- kam für uns nicht in Frage, und wir entschieden uns so für landschaftliche Schönheit versus weniger Höhenmeter.

Tag 1 (450km/ 5850Hm – CP1 Großglockner)
Start am Schloss Schönbrunn. Plan ist, vielleicht die Nacht durchzuradeln, aber da wir dieses Mal mit dem vollen Biwakprogramm im Gepäck radeln, lulle ich mich mit dem Gedanken ein, unterwegs doch jederzeit mal einen Powernapp einlegen zu können, wenn der Sekundenschlaf droht.
Hügelig geht die Fahrt rasch vonstatten durch das Wiener Vorland und weiter bis Amstetten. Nun fahren wir es nach einem leckeren Abendessen in einem Dörfchen in die Dämmerung hinein. Es wird bergig und nicht nur das mit der Dunkelheit zieht feuchte kalte Luft auf. Biwak? Nicht auszudenken wie ungemütlich das wäre, bei den Nebeln, die aus der Enns heraufwabbern. Mit der Nacht kommen die Zweifel. Kälte … ich habe nicht mal genug zum Anziehen mit im Falle eines Stillstandes. Wie viele Kilometer liegen noch vor uns … Ich bin müde … die fiesen Gedanken lassen mich nicht mehr los. Unsere Fahrt führt in den nächsten Tagen nahe der Heimat vorbei … da könnte ich doch … ja, da werde ich wohl …
Liezen, Schladming und langsam wird es Tag. Wir finden am heutigen Sonntagmorgen eine Bäckerei. Die fiesen Gedanken verfliegen. Zeit für Frühstück. Wir lassen uns häuslich nieder. So schnell bringt mich hier niemand weg. Ich wähle das japanisch anmutende „Hiata-Frühstück“. Was? Ahhhaaahhaaa – nicht japanisch? Es ist ein deftiges Hüter-Frühstück, mein Hirn ist wohl nach „durchzechter“ Nacht noch umnebelt.


Inmitten der Leckereien werfe ich einen Blick aus dem Fenster. Die Nackenhaare stellen sich mir leicht auf: bleierne schwere Wolken Richtung Südwesten. Da müssen wir hin … Dort steht er – der Großglockner, Kontrollpunkt 1. So früh am Morgen womöglich schon Regen oder noch schlimmer Gewitter? Auf einen Schlag schmeckt mir das Frühstück nicht mehr. Schnell beenden wir den Festschmaus. Weiter!
Am Fuße der Großglocknerstraße beginnt es auch schon zu regnen. Regenhose an und weiter. An eine schnelle Fahrt ist hier nicht zu denken. Ständig Steigungen über 11% lässt den Beinen nie auch mal die geringste Chance sich etwas auszuruhen. Meine Regenhose engt ein und genau so wird der Grundstein für die Qualen der nächsten Tage gelegt: zwei große schmerzende blaue Flecken unter den Gesäßknochen. Der Regen lässt nach, ich entledige mich des Regengewandes, aber zu spät – spüre ich.

Den Berg meistern wir, ich schaue immer wieder panisch nach oben, denn Gewitter wo auch immer, aber besonders in den Bergen fürchte ich wie nichts sonst. Michael, der Veranstalter, hatte sich was fieses ausgedacht: Die letzten drei Kilometer auf grobem Kopfsteinpflaster, unmöglich steil. Zumindest kommt die Sonne raus. Gerettet. Der Zucchini-Karotten-Kuchen und ein Lattemacchiato wecken meine Geister wieder. Am Himmel über uns ziehen wieder dicke bleierne Wolken auf. Was bemitleide ich die vielen TPB-Racer, die den Berg vom Süden her in Angriff nehmen und uns nun auf unserer Talfahrt entgegen kommen.


Aber es dauert nicht lang, der Regen holt uns ein, als wir den Talgrund erreichen. An einer Holzbrücke blickt uns ein blonder Schopf entgegen: „Seid ihr da grad über die Straße runter gekommen?“ „Ja, wieso?“ Was mischt sich denn der da ein? „Na, dann schaut euch doch mal das GPX der Pflichtstrecke an!“ Hatte ich ja mit meinem Track verglichen, wohl aber die letzten beiden Kilometer im Tale wohl nicht, die auf dem Radweg verliefen. Was tun? Schnell dem Michael unser Versehen geschrieben und dann bleibt uns nichts anderes übrig als wieder taleinwärts zu fahren, um der Disqualifikation zu entgehen. So müssen wir wohl dem Gerald M. dankbar sein, dass er uns hingewiesen hat. Daaaaanke!!!!
Auf der nächsten Steigung treffen wir das erste Mal auf Jost, unsere Wege werden sich bis kurz vor Nizza immer wieder kreuzen. „Bist du die Gabi?“ Er stellt sich als Freund von Torsten vor. Ja, den kennen wir, der ist nur ein Stück hinter uns. Nein, nicht den Torsten Frank meinte er, sondern Torsten B., ach ja, die Welt ist klein …
Hatten wir vor von Lienz aus noch weiter Richtung italienischer Grenze zu fahren, hatten sich diese Pläne nun zerschlagen. Nass und ausgekühlt würden wir unterwegs kaum ein trockenes Biwakplätzchen finden. Was tun? Mir fällt ein Gasthaus ein, das auf unserem Weg liegt, der Braugasthof Falkenstein. Wir könnten dort um ein Zimmer fragen und dafür früh morgens starten, das Wetter sollte dann auch besser sein. Dusche im Zimmer „Fass“ (Waschbecken ein Bierfass und die Armaturen der Zapfhahn, witzig!!), ein gutes Abendessen und eine angenehme Nachtruhe, fit und guten Mutes geht es frühmorgens, sprich halb vier, los.


Tag 2 (290km/ 3300Hm)
Guten Mutes? Nicht lange und es beginnt zu regnen, nanu? War das vorausgesagt? Zudem komme ich gefühlt nur sehr langsam weiter, obwohl es fast eben ist. (Eben? Keineswegs, erst im Nachhinein sah ich die vielen Steigungsmeter bis zur Grenze). Mit dem Regen kommen die fiesen Gedanken. Regen? Wenn das so weiter geht, hat das ganze Rennen keinen Sinn. Ausgekühlt und nass … nein, dann werde ich die Fahnen wohl streichen, spätestens in wenigen Stunden, in Brixen. Zudem donnern immer wieder Schwertransporter an uns vorbei und der Fahrtwind wirft mich fast um. Sein Leben auf’s Spiel setzen? Wegen eines Radrennens? Das hatten wir doch im vergangenen Jahr auch schon mal (TPBR2019 – im Gewitter auf dem Arcalis). Und den Hauptgrund hatte ich noch gar nicht genannt: Meine vier Buchstaben, sprich Sitzknochen, tun seit dem Vortag bei jeder Pedalumdrehung höllisch weh.
An der Grenze hört der Regen auf, es dämmert langsam, über dem Haunold geht die Sonne auf und die fiesen Gedanken verschwinden spätestens beim Lattemacchiato und Gipfele bei der Tankstelle in Toblach, das Frühstück dort ist legendär, die vielen Einkehrer zu so früher Stunde zeugen davon.
Brixen erreichen wir auf uns bekannten Radwegen. Meine Gedanken fliegen im Karussell. Dableiben, vorbeifahren, dableiben? Das Traumwetter überzeugt mich schließlich: vorbeifahren und auf unseren Heimstrecken durch Bozen, Meran, das Vinschgau bis nach Glurns zu rollen. Hier biegen wir in der nachmittäglichen Hitze ab und mühen uns über die Schweizer Grenze. In Santa Maria gibt es Abendessen „Ghackets mit Hörnli und Apfelmus“, sprich Nudeln mit Fleischsauce und Apfelmus, seltsame Kombination, aber ich brauche viele leicht verdauliche Kalorien. Weiter in den Abend hinein. Der Ofenpass muss noch überwunden werden, dann geht es runter nach Zernez. Dort soll unser Biwak aufgeschlagen werden. Wir wollen doch die ganzen Utensilien nicht umsonst von Wien nach Nizza schleppen. Ausgedacht war 1x Hotel, 2x Biwak, usw.
In Zernez hat es an die 8 Grad. Ich schlottere von der Abfahrt. Wo schlafen? Wir treffen auf Jost. Der will noch über den Albula Pass und in wärmere Gefielde abfahren. Ich will nicht weiter. Aber: Alle Hotels sind belegt. Unser letzter Versuch, auch hier ausgebucht, aber … es gibt eine Art Hüttenlager. Gerne, denn einen Schlafsack haben wir ja mit.

Tag 3 (210km/ 4100Hm)
Gegen vier sind wir wieder auf dem Rad. Es ist empfindlich kalt. Und jetzt finden sich … ich brauche nicht lange warten … auch die fiesen Gedanken wieder ein. Warum denn das? Kein Regen, das ist schon mal was. Aber bei jeder Bewegung tut der Sitzbereich sowas von weh. Ein großes Hämatom ist schuld daran. Setze ich mich auf’s Rad geht es los. Es schmerzt höllisch. Missachte ich die Schmerzen, dann hört es mit der Zeit etwas auf … Aber setze ich mich nach einigen Metern im Wiegetritt, sind die Schmerzen wieder da. Wie ich das wohl aushalte bis ins Ziel und vor allem, wenn es noch schlimmer werden sollte? Die Gedanken fahren wieder Karussell. Ich muss mir vor Augen führen, dass mit einem Frühstückskaffee die Gedanken immer wieder besänftigt wurden. So auch heute, nach Erreichen der Albula-Passhöhe und der spektakulären Abfahrt finden wir in Bergün eine kleine Bäckerei. Als wir unsere Lebensgeister aufwärmen, kommt ein unterkühlter Jost bei der Tür herein. In seinem Biwak war es anscheinend nicht grad sommerlich warm.


Nun steht noch Oberalp-Pass und Furka auf dem Programm. Dazwischen aber noch fast 100 Kilometer Auf und Ab entlang des Vorderrheins, anfangs bis Illanz mit spektakulären Tiefblicken auf den Fluss. Es wird langsam warm. Endlich mal. Aber bald Richtung Disentis wird es unerträglich heiß. Am Fuß der Pass-Straße, kurz vor Sedrun, auf einmal ein Platzregen. Schnell retten wir uns in ein Café und da ist der Spuk schon vorbei, die dicke schwarze Wolke verzieht sich grollend Richtung Osten. Gerettet. Wir hatten aber auch Glück. Die hinter uns wird es wohl voll treffen. Nun aber flott weiter. Auf nicht mal halber Höhe Richtung Pass wird es schon wieder zappenduster am Himmel. Wie schnell das hier heute geht. Erst noch Sonnenschein, dann schüttet es wie aus Kübel. Kein Unterschlupf weit und breit. Da! Der erste Donner. Hektisch trete ich in die Pedale.

Wohin soll ich nur jetzt. Gewitter in den Bergen, meine größte Angst. Ein paar Hundert Meter vor mir ein Baustellen-Container. Ich rette mich dorthin. Ich versuche mich vor dem stürmischen Wind zu schützen und so vor der ärgsten Flut. Keine Chance. Hermann hinter mir ruft, ich solle zu ihm kommen. Ich drehe mich um und trotz Ernst der Lage muss ich schmunzeln: Er winkt aus dem weiß-blauen Dixi Kloo. Zu zweit drängen wir uns in das enge Kabüffchen. Es riecht nicht besonders gut, schützt aber vor dem Regenguss und hier drin ist es auch gemütlich warm. Wie das Gehäuse sich verhalten würde, wenn ein Blitz einschlägt, wage ich nicht zu denken. Was hatten wir aber für ein Glück, nach einer halben Stunde Gefängnis scheint wieder die Sonne und wir setzen unseren Weg die letzten Serpentinen auf den Pass fort. Wir treffen wieder auf Jost und fahren gemeinsam nach Andermatt ab.

Über dem Ort ziehe sich schon wieder die Gewitterwolken zusammen und kaum sitzen wir in der Bar im Trockenen, geht der Spuk schon wieder los. Das Regenradar kündigt es an, die nächsten Stunden kommen immer wieder Gewitterfronten von Westen nach. In einer Regenpause starten wir Richtung Furka-Pass. Meine Angst macht mir Beine. Das nächste Gewitter fängt uns auf halber Höhe zum Pass ab. Zu unserem Glück können wir nahe einer Hütte mit Ställen Unterschlupf finden. Gemeinsam mit uns ist Gund und nach wenigen Minuten gesellt sich Jost zu uns, der wieder abgefahren war, als ein Blitz knapp neben ihm einschlug. Richtung Andermatt ein riesiger Regenbogen. Dorthin hatten sich die Gewitterwolken verzogen und wir konnten bei abendlichen Sonnenstrahlen unseren Weg fortsetzen. Was hatten wir wieder für ein Glück. Die Abfahrt vom Furka mit spektakulärem Blick auf Hotel Belvedere, auf die Gletscherschliffe des Rhone-Gletschers (nanu, vor etwa 10 Jahren war hier doch noch Eis und man konnte die berühmte Eisgrotte begehen …) und auf den gegenüber liegenden Grimselpass (Furka und Grimsel durfte ich beim Extreme Triathlon Swissman schon mal fahren). In Gletsch müssen wir zum Glück nicht hoch, sondern fahren nach Süden ab, der jungen Rhone entlang, die sich hier durch die Felsen quetscht. In der Dämmerung ist es mit den nassen Schuhen und Klamotten wieder mal fröstelig kalt. Biwak? Heute wohl schon wieder nicht. Mit Jost teilen wir uns nach einem guten Abendessen ein Familienzimmer. Unsere Sachen können wir an den Skischuh-Trockner hängen. Frühmorgens müssen wir leider wieder aus den Federn. Wir verlassen den Skikeller. Nach einigen Hundert Metern merkt Hermann, dass ihm etwas fehlt: der Helm!!! Zurück zum Hotel. Zu unserem großen Glück: Jost ist noch im Haus und kann ihm die Kellertüre von innen öffnen. Nicht auszudenken, wenn er mit uns das Hotel verlassen hätte. Wir hätten wohl vor der Tür vier Stunden warten müssen …

Tag 4 (230 km/ 3900Hm – CP2 Col Sanetsch)
Weniger Glück … meine Sitzfläche schmerzt beim Wegfahren fürchterlich. Und durch das Entlasten durch eine andere Sitzhaltung gesellt sich nun schmerzmäßig auch mein rechtes Knie dazu. Ob das wohl gut geht, denn wir hatten ja nicht mal die Hälfte der Strecke hinter uns. Die fiesen Gedanken kehren zurück … nicht nur wegen meiner Schmerzen, sondern auch wegen des nun einsetzenden Nieselregens. Nicht mal die Gedanken an den Latte Macchiato und das Brioche mit Schokoladenfüllung, die erfahrungsgemäß stimmungsaufhellend wirkten, helfen mir im Moment, zu sehr beschäftigen mich meine Schmerzen. Ich überlege, wie es wohl sein würde mit den Verkehrsanbindungen. Sollte Hermann doch alleine weiter fahren, ich käme mit dem Zug nach Nizza nach und alles Leiden hätte ein Ende. Das Wetter spielte ja auch nicht mit und besser als noch vier Tage mit Höllenschmerzen im Regen rumzufahren …
Ich vergesse die fiesen Gedanken als vor mir ein rundes weißes Schild mit rotem Rand auftaucht und in der Mitte ein Radfahrer. „Hermann, Halt!!!!! Hier dürfen wir nicht …!!!!“ Das würde doch glatt zur Disqualifikation führen … Hermann hört mich nicht. Panisch lege ich einen Zahn zu. Auf Augenhöhe mit dem Schild verwandelt es sich: In der Mitte eine große 50 … Welch ein Glück, kein Radfahrverbot, sondern eine Geschwindigkeitsbegrenzung. Hatte mein umnebeltes Gehirn mir doch einen Streich gespielt und 5 und 0 waren zwei Räder … Warum sehe ich Dinge, die es gar nicht gibt? Vermutlich beschäftigt mich wahrscheinlich ein Satz Michaels vor Start, er kenne kein Pardon bei Fahrten durch Tunnels mit Radfahrverbot, dabei schaut er uns vielsagend an (siehe TPBR2019) und bei Autobahnen schon gar nicht. Nicht zuletzt deshalb hatten wir peinlichst genau unsere geplante Strecke auf solche Eventualitäten untersucht. Große Teile waren wir schon via Google Street View virtuell abgefahren.
Nicht lange später wieder mit Erschrecken das Verbot für Velos, diesmal entpuppte es sich allerdings als eine Sechzig.  So geht es noch eine Weile weiter, was mich aber von den Schmerzen etwas ablenkt.
Eine Tankstelle liefert dann bei Dämmerung das Stimmungsaufhellungsgetränk und die Welt sieht (wie erwartet) ganz anders aus. Nicht mehr weit ist es bis Sion und dort beginnt der nächste ernste Aufstieg nämlich zur zweiten Kontrollstelle, dem Col Sanetsch. Aber noch muss ich mit dem Tadel Hermanns leben, der sich mokiert, dass er einen Umweg von fünf Kilometern machen muss. Er wäre ganz anders gefahren, der Aufstieg weiter östlich und Abfahrt auf meiner Strecke. Es sollte sich allerdings herausstellen, dass meine Entscheidung die einzige goldrichtige war …

Kurz vor Abzweigung passieren wir das Café Relais du Simplon. Die gemütlichen Sitzgelegenheiten im Garten vor dem Haus winken uns einladend zu einem zweiten Frühstück heran. Die nette Chefin mit ihrer Enkelin bewirtet uns sehr freundlich. Unser Wunsch nach Joghurt mit Früchten und Müsli wird erfüllt. Mir kommt eine blendende Idee. Nach unserem Gipfel kommen wir genau hier wieder vorbei, könnten wir da nicht … hmmhmmm … Ich gebe meine Frage an die Wirtin weiter. Ja, klar dürfen unsere Biwaksachen hier lassen. Sie zeigt uns, wie wir vom Garten hinter dem Haus an unser Zeug kämen.
Wie leicht fällt nun der Aufstieg Richtung Sanetsch, obwohl jetzt am frühen Vormittag die Sonne schon fest sticht. 30 Kilometer bis zum Kontrollpunkt müssen wir hoch. Unterwegs treffen wir auf Jost und Andrea. Die beiden ächzen, ihr Aufstieg steilte sich bisweilen bis zu 15% auf. Triumphierend blicke ich zu Hermann.

Das und sein leichtes Rad hat er nur mir zu verdanken. Ich hatte mich auf einen langen Aufstieg eingestellt und dieser fällt mir wider Erwarten gar nicht mal so schwer. Das ist wieder mal ein Beweis, dass vieles im Kopf abläuft. Manch kleinerer Mugel bereitet mental mehr Probleme, wenn man nicht darauf vorbereitet ist. Das Wetter zudem traumhaft. Und wenn ich nicht zu oft die Sitzhaltung ändere, scheinen Knie und Hinterteil auch weniger zu schmerzen.

Die Höhe ist mit vielen Fotopausen erreicht, nun eine kleine Abfahrt (bäh, das wird ein Gegenanstieg) und um den Sanetschsee herum bis zum Bergrestaurant an der Staumauer. Hier erwarten uns schon die beiden Fotografen von Adventurebikeracing. Großes Hallo, als von der anderen Seite Brian L. eintrifft. Von Gsteig führt ein hochalpiner Wanderweg herauf, was bedeutet, dass sein beladenes Rad hochgetragen werden musste. Unsere Hochachtung!! In gemütlicher Runde fülle ich mit kräutergarniertem Hummus meine Proteinreserven wieder auf. Leider müssen wir aber weiter. Wir haben noch einiges vor. Die Bremsen werden bei 30 km Abfahrt ganz schön heiß. Am Fuße des Berges wollen wir unser Gepäck noch aufsammeln, aber das Relais du Simplon ist geschlossen. Mittagspause? Wir erinnern uns an das, was die Wirtin uns gezeigt hatte und finden wirklich die offene Türe vor. Etwas Katzenwäsche im Privat-WC erlauben wir uns auch noch und die Trinkflaschen müssen auch noch aufgefüllt werden. Dann machen wir uns wieder auf den Weg. Wir danken den Chefleuten des du Simplon vielmals für das Vertrauen.
Auf den nächsten, nämlich flachen Wegabschnitt bis Martigny habe ich mich eigentlich gefreut. Aber strammer Gegenwind macht unseren Weg durch die zahllosen Obstplantagen schwer. Nach einem Supermarkt-Stop folgt der vorletzte Passaufstieg heute: der Col de Forclaz. Unterwegs fragt uns Elias mit Cap 20, wie das so ist, in Natura und beim Race als Paar. Ich will grad antworten, da übernimmt mein Göttergatte: Naja, Probleme verdoppeln sich halt … Na warte, wenn ich den mal mit dem Kochlöffel erwische … Probleme? Wo sieht er da denn Probleme??? Aber es stimmt schon: Jeder von uns beiden wäre alleine wahrscheinlich flotter unterwegs. Bleibt der eine mal stehen, muss der andere warten und umgekehrt.
Oben auf der Passhöhe treffen wir wieder auf die Fotografen. Großes Hallo und Fotoshooting.

In der Dämmerung müssen wir weiter, um über die Grenze zu Frankreich und den Col Montet nach Chamonix zu gelangen. Die Gegend hier „kenne“ ich schon, bzw. sehe ich das erste Mal bei Tag, nachdem ich schon mehrmals beim Berglauf UTMB und CCC hier nachts per pedes vorbeikam. In einem Park bei Chamonix schlagen wir nun unser erstes Biwak auf. Also, auch, wenn das vielleicht das einzige Lager im Freien bleiben wird, ganz umsonst schleppen wir Matte, Biwaksack und Schlafsack nun doch nicht mit, welch ein Glück. Bei Stirnlampenlicht und mit blankem Po – meine strapazierte Haut muss mal an die Luft – erledige ich Auf- und Abbau meines „Bettes“. Hier sieht mich ja eh niemand … Detail am Rande: Tags darauf muss ich hören, dass noch weitere zwei Fahrer ihr Lager nahe unserem im selben Wäldchen aufgeschlagen hatten, uppps …

Tag 5 (300km/ 2600Hm)
Wieder nächtlicher Aufbruch. Weiter raus nach Le Houches. Die Nebenstraße endet. Komoot lenkt uns … auf eine Art Schnellstraße. Vollbremsung. Das ist doch nicht möglich. Jost schließt zu uns auf. Auch sein Track führt identisch weiter. Wir orientieren uns und finden eine Straße, die rechts umfährt. Die endet allerdings nach wenigen Kilometern an einem Zaun, also wieder zurück. Laut Komoot und Openrunner müssen wir kurz auf die N205. Ich vergesse schlagartig meine Schmerzen, mir wird ganz flau im Magen. Die Situation hatte ich irgendwann mal kommen sehen. Trotz genauer Recherche stehen wir jetzt vor einer Situation, die im Stockfinsteren nicht überschaubar ist. Ich google vorsichtshalber nochmal den Passus, den ich zuhause gefunden hatte: Die Route Nationale kann abschnittsweise mit dem Rad befahren werden. Rad-Fahrverbot sehe ich auch keines. Aber bedeutet kein explizites Radverbot eine Erlaubnis dort zu fahren?  Später wird uns Brian informieren, dass bei Einfahrten, an denen es Ausweichmöglichkeiten gibt, deutliche Radfahrverbotschilder angebracht sind. Die Nachtalps vom Vortag tauchen vor meinem inneren Auge auf: die spiralförmigen Erscheinungen, die sich als Ziffern outen. Beunruhigt fahre ich ein, es sind eh nur 400 Meter, dann folgen wir einer holprigen Nebenstraße, die einen Tunnel umfährt.  Wie ich schemenartig im Finstern erkennen kann mündet die Buckelpiste an einer schluchtartigen Engstelle wieder auf die Nationalstraße. Nochmal wenige Hundert Meter und wir sind raus. Ab hier ist laut Schild definitiv Verbot für Traktoren, Fuhrwerke, Radfahrer und Fußgänger. Brouter, Komoot und Co haben das glücklicherweise gut erkannt. (Nachtrag: Trotzdem gibt es für uns und für viele andere eine Zeitstrafe von 6h …). Wir gondeln bei Tagwerden auf einer wunderschönen Auf- und Abstraße durch ein dichtes Waldgebiet, dann folgt eine atemberaubend aussichtsreiche Abfahrt nach Passy. Hinter uns die Mont-Blanc-Riesen vor uns eine lichterdurchflutete Ebene. Der erste Anstieg folgt: Saint Gervais. Bald gibt es Frühstück mit Jost. Mein Körper sehnt sich nach den Aufregungen am frühen Morgen schon lange nach Latte Macchiato und mein Po nach einer kurzen Entlastung.

7-9-12,9,0

Nicht lange später versperrt uns ein Umleitungsschild den Weg. Steil bergauf sollten wir nun fahren, anstatt wie geplant hinunter durch eine Schlucht nach Albertville. Einige Fahrer kommen hier zusammen. Was nun? Vielleicht kann man die gesperrte Stelle umfahren oder zu Fuß umgehen? Die ganze Gruppe rollt abwärts. Wir werden aber abrupt gestoppt durch die Straßenarbeiter. Nein, die Straße ist wegen Steinschlag komplett gesperrt, auch für Radfahrer. Für uns bedeutet das an diesem Tag unerwartete etwa 500 Höhenmeter mehr. An diesem Tag verschiebt sich auch unser bisher super getimter Zeitplan leicht nach hinten.
Bis Grenoble folgen nun endlose schnurgerade Strecken durch den heißen Vormittag, manchmal glücklicherweise beschattet durch kilometerlange Pappelalleen. Sehnsuchtsvoll halte ich in jedem Dorf nach Brunnen Ausschau. Einige wenige liefern Ganzkörper-Erfrischung.


Vor Grenoble eine uferlose Ampelkette. Wir als Radfahrer kommen nicht in den Genuss einer „grünen Welle“, sondern stehen vor jeder Ampel minutenlang in der Hitze. Erschöpft lassen wir uns in Grenoble vor einem Supermarkt im Schatten nieder. Hermann geht einkaufen. Ich lasse ihm da den Vortritt. Selber schuld … hätte er beim vergangenen TPBR nicht leichtfertig angemerkt, dass ich immer soooo lange brauche beim Einkaufen. Er bringt leckeres Trinkjoghurt, Cola, belegte Baguettes und Jost EIS … Hmmhhmmm.
Ein Pass steht uns bevor. Zum Glück ist er nicht steil und in Abschnitte mit kurzen Pausen dazwischen überleben wir die Hitzeschlacht auf den Col du Fau. Nun geht es auf dem gut ausgebauten Radfahrer-Seitenstreifen viele Kilometer auf und ab mit wunderbarem Blick auf eine weiße Bergkette, über der sich die Wolken bleiern zusammenziehen. Wir haben Glück und sind von Gewittern heute verschont. Mein Sitzpolster schmerzt bei jeder Bewegung. Cola-Eis-Pause kommt wie gerufen. Eine Qual die Leute im Schwimmbecken nebenan toben zu sehen. Das Tüpfelchen auf dem i – eine Wespe sticht mich in den Bauch. Das lenkt jedenfalls von den vier Buchstaben – sprich Popo- ab.


Nicht lange später, wir haben unseren letzten Pass an diesem Tag, den Col de la Croix Haute, abgehakt,  gibt es Abendessen. Wir treffen auf Nicola, dem die Hitze extrem zu schaffen macht und der im Moment fix entschlossen ist aus dem Rennen auszusteigen, er wird allerdings, nachdem sich unsere Wege noch mehrmals kreuzen, einige Stunden vor uns in Nizza ankommen. Auch Jost gesellt sich wieder mal zu uns.  Die Pizza ist sagenhaft groß und lecker. Gestärkt geht es mit einem Affenzahn nochmal 50 Kilometer im Falsopiano leicht abwärts. Es hat schon eingedunkelt, als wir Laragne de Monteglin erreichen. Hier waren wir schonmal im Jahr zuvor. Wir richten unser zweites Nacht-Lager hinter einer Hecke in einem Garten mit kurz getrimmtem Rasen ein und stellen den Wecker wieder auf vier Uhr.

Tag 6 (230km/ 3700Hm – CP3 Mont Ventoux)
Wie 2019 geht es nun dem Flüsschen La Méouge entlang. Ich vermute kilometerlang durch eine Schlucht, im Dunkeln kann man das nicht so genau erkennen. Die fiesen Gedanken bleiben heute aus, es ist abgesehen vom schmerzenden Po nur wunderbar durch die laue Nacht zu pedalieren. Aus der Schlucht heraus merken wir an der stellenweise nassen Straße, dass es hier wohl früher geregnet hat. Hatten wir ein Glück wieder mal. Wie 2019 erwartet uns weiter oben betörender Duft. Ich weiß nun, dass dieser zahllosen Lavendelfeldern entströmt.


Nach einer sagenhaften Abfahrt durch eine Schlucht erwartet uns Frühstück bei einem Abstecher in eines der schönsten Dörfer Frankreichs: Montbrun-les Bains. Dann geht es weiter und nicht lange später münden wir auf die legendären Tour-de-France-Straße. Schon den Kelten galt dieser Berg als heilig. Es ist im ersten bewaldeten Teil schön kühl, auch die Steigung ist angenehm. Und dann steht er plötzlich vor uns: der Berg der Berge – der Mont Ventoux. Ich kann mich nicht satt sehen. Er ist aber auch äußerst fotogen: Über dem dunklen Grün des Waldes erhebt sich schneeweiß der Gipfel. Schon der Dichter Francesco Petrarca hatte 1336 diesen fabelhaften Berg erstiegen. Tausende von Radfahrern erklimmen den „Gigant der Provence“ täglich. Die Kontrollstelle befindet sich beim Restaurant Chalet Reynard. Von hier wird es nach einer Stärkung etwas mühsamer, schattenlos und steiler.

Immer wieder halte ich für Fotos an. Kurze Gedenkminute am Denkmal eines der ersten Dopingopfer im Radsport zu einer Zeit, als man noch nicht abschätzen konnte, wie gefährlich das Zuführen von chemischen Substanzen zur Leistungssteigerung sein kann. 1967 am 13.Juli brach der englische Radprofi Tom Simpson eineinhalb Kilometer vor dem Gipfel erschöpft zusammen und verstarb noch an der Unglücksstelle. Es stellte sich heraus, dass Simpson eine hohe Dosis von Amphetaminen und wohl auch Alkohol zu sich genommen hatte. Am Gipfel ein Menschen- Gewimmel, Corona-Virus? Hat wohl noch nie jemand davon gehört. Seltsamerweise hatten wir auch in der gesamten Schweiz niemals jemanden mit Maske gesehen. Fotoshooting, denn auch die Fotografen von Adventure Bike Racing sind zur Stelle. Wir treffen Tomàs Z., der hier das Handtuch werfen muss, der sogenannte „Shermer’s neck“, unerträgliche Schmerzen in der Halswirbelsäule durch die ungewohnte Haltung auf dem Rad, hat ihn leider so „kurz vor dem Ziel“ ausgeknockt. Kurz vor dem Ziel … dachte ich bei mir … aber es sollte jetzt erst so richtig anfangen.

Nach der wenig erfrischenden Abfahrt ging es nun kilometerlang im Flusstal des L’Ouvèze entlang. Hier stand die heiße Luft nur so. Kurze Pause bei einem Stand mit frischen Früchten. Wir trinken einen Liter Pfirsich-Saft, womit ich mir auf der anschließenden ellenlangen unendlich heißen Steigung auf den Col de Perty einige Zwangs-Pausen hinter Büschen einhandelte. Am späten Nachmittag ging es dann wieder runter. Im ersten Dorf ein rettender Brunnen in einem Dorf am Ende der Welt. Kein Geschäft weit und breit.

Wie sollten wir uns denn nun versorgen? Eine deutsche Frau lädt uns zum Abendessen bei sich zuhause ein. Brot hätte sie zur Genüge. Nette Geste, aber wir wollen weiter. Stunden später, vor Ribiers, hören wir schon von Weitem Musik. Ein Dorffest. Der Stand neben dem Dorfbrunnen kommt genau richtig: Wir schlemmen so richtig mit Galettes, Buchweizenpfannkuchen mit Pilz-Ei-Füllung und zum Nachtisch gibt es Crepes sucre citron. So lecker!

Gestärkt brechen wir auf, um nicht kurz später in der Dämmerung im malerischen Städtchen Sisteron eine weitere Eis-Cola-Pause einzulegen und uns im touristischen Gewimmel auch noch mit Sandwiches einzudecken. Wer weiß, wann wir das nächste Mal was bekommen. Wir haben nämlich den nächsten sehr langen Anstieg zum Signal de Lure vor uns und wollen in der Dunkelheit noch fahren soweit es die Fitness zulässt.


Die Straße steigt regelmäßig an, der Split-Belag allerdings ist äußerst unangenehm, man muss gut aufpassen, dass es einen nicht auf die Nase legt. Nicht lange später übermannt uns die Müdigkeit und wir suchen uns eine Lagerstätte für unser drittes Biwak, etwas abseits der Straße. Hermann lagert auf einem Waldweg, ich suche mir einige Meter neben ihm einen Platz unter einem Baum, links und rechts durch Büsche geschützt. Wecker auf vier Uhr und wir fallen sofort in den ersehnten Schlaf.

Tag 7 (210 km/ 4000 Hm)
„Plopp …!“, 3:18 Uhr – ich sitze in Sekundenschnelle kerzengerade auf meinem Daunenbett auf der Luftmatratze. Was gibt es hier im französischen Bergwald wohl für wilde Tiere? Bären? Wölfe? Wildschweine? Was war das gerade, was auf meinen Biwaksack geploppt ist? Wird wohl nichts gewesen sein … Ich lasse mich zurücksinken, aber von Schlaf keine Rede mehr. In sekündlichen Abständen fallen kleine Gegenstände auf meinen Biwaksack. Nach zwanzig Minuten etwa ist wieder Stille. Was war denn das? Ein Eichhörnchen mit nächtlichem Heißhunger? Oder ein Tierchen, das sich köstlich amüsierte, was für einen interessanten Plopp-Ton es auslöste, wenn man Sachen auf das orangene Ding da unten fallen ließ? Ich kann mich erinnern, dass ich etwas vom Baum fallen habe hören, als ich mein Lager gerichtet hatte, mir aber nicht weiter Gedanken gemacht hatte. Eine halbe Stunde zusammenlegen und aufpacken und wir sind wieder on the road. Fiese Gedanken suchen mich auch heute Morgen fast keine heim.

Der Po schmerzt aber nach wie vor und es scheint sich auch eine kleine offene Stelle gebildet zu haben. Bei Sonnenaufgang sind wir auf der montagne de Lure, er wird von den Franzosen liebevoll als kleine Schwester des Mont Ventoux bezeichnet, den man in der Ferne schemenhaft erkennen kann. Bei der langen Abfahrt holen mich Müdigkeitsattacken ein. Da es Hermann ebenso ergeht, halten wir und strecken uns am Straßenrand für einen Powernäppchen aus neben unseren Rädern. Für einen vorbeifahrenden Autofahrer muss das wohl wie ein Unfall aussehen … Weiter geht es und bald die ersehnte Bäckerei und Latte Macchiato für mich.


Nun tauchen wir ein in den Naturpark Verdon und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Zunächst hügelig durch das Umland der legendären Schlucht des Verdon. Die Temperatur steigt von Stunde zu Stunde. Bei höherem Tempo kühlt die Luft etwas. Aber jede Steigung und Tempominderung bedeutet extreme Hitze. Wie schön wäre jetzt ein Regenguss. Wie sich doch die Vorlieben verschieben können. Wie hatte ich in den ersten drei Tagen die Wärme herbeigesehnt, nun wünschte ich ein klein wenig Abkühlung. Meine Garmin zeigt mitunter über 40° an, obwohl ich sie mit einem Tuch vor der direkten Sonnenenstrahlung abschirme.  Nach einer Cola-Eis-Pause, bei der wir Brian treffen, steigt die Straße an.

Ich frage mich, ob die Weiterfahrt bei derartigen Temperaturen vernünftig ist. Wie gerne würde ich jetzt irgendwo im Schatten die ärgste Hitze abwarten. Hermann meint jedoch, dass es so schnell nicht abkühlen würde und wir müssten weiter.  Die Mühen in der Nachmittagshitze sind aber wie weggeblasen, als wir um die nächste Kurve biegen. Eine Traumaussicht bietet sich uns auf den Fluss Verdon umrahmt von steilen Felswänden. Im Fluss unter uns tummeln sich ungezählte Wassersportler. Wie gerne wäre ich jetzt da unten. Nicht weit und ich finde eine Abkühlung, ein eiskalter kleiner Sturzbach ergießt sich neben der Straße. Weiter fahre ich klatsch nass, einschließlich Radhose … Die Idee der Ganzkörperdusche war wohl nicht so gut für mein Sitzpolster, es brennt fürchterlich. Nach vielen Ahs und Ohs und Fotopausen nähern wir uns Palud sur Verdon. Hier treffen wir auf viele Teilnehmer. Einige Glückliche haben schon die vor uns liegende Verdon-Schleife hinter sich. Wir machen uns nach einer kurzen Pause auf den Weg in den glühendheißen Nachmittag. Die durchgehend 15%-ige Steigung tut weh. An uns rauschen Leute mit E-Bikes vorbei.

Immer wieder kommen wir an spektakulären Aussichtspunkten direkt am Abgrund und das lässt die Anstrengung kurz vergessen. Ich hatte erwartet, dass wir nach dem höchsten Punkt gemütlich zurück nach Palud und zu unserem Abendessen rollen. Leider nein. Es zieht sich elendlich lang dahin, abwärts, dann wieder Steigungen. Irgendwann sitzen wir aber doch glücklich vor unserer Spinatlasagne und einem großen Eisbecher. Dann rollen wir weiter durch den Georges du Verdon, spektakel pur bei unserer Fahrt duch den Grand Canyon du Verdon. In Castellane noch ein Eis-Cola-Stop. Ich fühle mich erhitzt, meine Wangen sind hochrot. Ob das nicht schon in Richtung Hitzeschlag oder Sonnenstich geht? Ich bekomme mich mit Hermann in die Wolle, der meint, wir sollten in Castellane unser Lager aufschlagen, wenn es mir nicht gut ginge. Nein! Mir geht es gut, wir müssen weiter noch auf den nächsten Pass, den Col du St. Barnabé, ich würde halt langsamer fahren. Auf den letzten Kilometern schiebt uns sehr starker Wind fast schon ohne zu Kurbeln nach oben. Ein Grollen lässt mich aufschrecken. Ein Blick nach Oben lässt mich Schauern.  Rechts von uns der Mond vor tiefblauem Himmel, links düstere Gewitterwolken. Oje! Das hat uns noch gefehlt. Wo finden wir einen Unterschlupf, wenn es jetzt losgehen sollte?

Ich pedaliere schneller, wie immer, wenn mir die Angst im Nacken sitzt. Vor uns nur Wald und Wald und Wald. Dann tief unter uns ein Dorf. Bunte Lichter die in den Himmel zucken zeugen von einer Party. Wir fahren ab, Splitfahrbahn mahnt zur Vorsicht. Beim nächsten Dorf hat sich der Sturm beruhigt, aber ob nicht noch eine Regenfront nachkommt, wer weiß. Wir finden ein unbewohntes Haus und lassen uns im Garten nieder. Wenn es anfangen sollte zu regnen könnten wir uns in den Eingangsbereich zurückziehen. Es sind zwar nur noch knapp 100 Kilometer bis Nizza, aber eine Nacht durchfahren würde ich wohl nicht durchhalten nach dem Schlafentzug der ganzen Woche. Es hat auch was, gemütlich am nächsten Tag die paar Kilometer ins Ziel zu radeln und noch was von der schönen Landschaft zu sehen. Unser Hotel konnten wir in der Nacht sowieso nicht beziehen.

Tag 8  (95 km/ 900Hm)
Also wieder um vier Uhr Start. Im Dunkeln können wir steile Felswände um uns ahnen. Bei Dämmerung passieren wir Dörfchen, wie Adlerhorste an die Hänge geschmiegt. Wunderschön. Frühstück in Bouyon in der Bäckerei am Dorfbrunnen. Lässig. Dann geht es weiter auf der Panoramastraße, die bald schon von Hunderten von Radfahrern bevölkert wird. Erste Ausblicke auf unser Ziel Nizza. Die letzten Kilometer durch die Dörfer, dann sind wir an der Küste. Eine Strandpromenade mit Radfahrspur bringt uns an unser oft ersehntes Ziel. Ein großes Hallo vonseiten Michael und von anderen Fahrern, die im Ziel herumlungern.

Zur Belohnung gibt es ein kühles Bier und eine sehr schön illustrierte Skizze von der Fahrt. Ich kann es kaum glauben, schon hier zu sein. 2000 Kilometer und doch  erscheint mir jetzt unsere Fahrt von Wien hierher so kurz und doch gespickt mit so vielen Erlebnissen. Mein Sitzleder? Schmerzen? Die sind auf einen Schlag vergessen … was bleibt ist der Stolz und die Erinnerung an ein unvergessliches Abenteuer …
Danke, Michael!
Wunderbare Landschaften und das gemeinsame Erlebnis mit vielen Gleichgesinnten das ist TPBR.

Ergebnis:
Wir überfuhren die Ziellinie als 3. Team.
Vor uns sind schon 50 Teilnehmer von über 100 Gemeldeten in Nizza angekommen.
Etwa 84 haben das Ziel erreicht. 20 haben unterwegs aufgegeben.

Ralph Schwörer hat einen wunderbaren Erlebnis-Bericht verfasst. Da er auf derselben Strecke wie wir unterwegs war (allerdings war er zwei Tagen schneller in Nizza mit kaum Schlaf), können wir viele Orte und Situationen nachvollziehen und uns damit zurückversetzen in die megaschöne Racewoche. Hier geht es zum Bericht von Ralph.


Blog-Awards 2020

Vielen Dank für eure Unterstützung bei den Blog-Awards Fahrrad XXL 2020
Das Ergebnis übertrifft alle meine Erwartungen:
Platz 7 von 30 in der Kategorie „Generalisten“
Innerhalb aller nominierten Blogs (kategorieübergreifend):
36. von 114

Grazie mille per il vostro sostegno. Il risultato supera tutte le mie aspettative:
7° posto su 30 nella categoria „Generalisti. All’interno di tutti i blog nominati (in tutte le categorie): 36° su 114

Superrandonneé Lombardia Extreme

Die Unendlich-Stolz-Formel: Tu, was du glaubst, nicht zu können …
Covid-19 bremst den Sport aus, als endlich die Regionengrenzen fallen, machen wir uns gleich in die Lombardei auf … italiano Strava

Zuerst wie immer mein Video:

Vorausgeschickt:
Das Format Superrandonneé wird in Italien immer beliebter, besonders in Covid-19 Zeiten ist es ideal. Es gibt inzwischen in ganz Italien 6 permanente Superrandonneés. Innerhalb 60h muss ein vorgegebener Parcour gefahen werden. Dieser hat um die 600 Kilometer und muss über 10.000 Höhenmeter aufweisen. Die Superrandonneé Lombardia Extreme hat 14.000 Höhenmeter.
Im vergangenen Jahr haben wir unsere erste Superrandonneé erfolgreich gefinisht, die Ötztal-Rundfahrt von der Ara München. Toll dabei ist, dass ein Startplatz in Brixen eingerichtet wurde, von der Audax Paris genehmigt. Wir hatten damals zweimal im Hotel geschlafen und somit die Zeit ziemlich genau ausgereizt.
Nun die Lombardia Extreme versprach mit 4000 Höhenmetern mehr nochmal eine Nummer größer zu werden. Schlaf? Ausreichend? Wohl kaum. Wenn wir Zeit einsparen müssen, um zeitlich anzukommen und als Randonneure homologiert zu werden, dann wohl durch Streichen der Schlafstunden. Also, Hotel können wir uns „abschminken“. Was nun? Dann halt das Schlafzimmer mitschleppen … Das bedeutet bei mir zum Glück nicht mal ein Kilogramm mehr Gewicht, allerdings hängt die Tasche am Lenker im Wind und bremst wohl etwas.

Start: Parabiago 4:30 Uhr –der Countdown von 60 h läuft nun …
Wunderbar durch die frühmorgendlichen Dörfer zu fahren dem Sonnenaufgang entgegen. In der Ferne vor uns wohl die Bergketten, die für heute auf dem Programm stehen. Es geht leicht auf und ab. Voll motiviert brenne ich dem ersten der 15 Berge entgegen.
Ich habe gelernt: Die Vorfreude auf die ersten Berge flacht sich frühestens bei der dritten Passhöhe merklich ab.

2. Colle Brianza (Km 82, 1200 Hm Aufstieg)

Unser erster Berg. Die Steigung ist moderat bis auf ein paar kurze „bissige“ Abschnitte.
Erstaunen, als wir am höchsten Punkt vor einer Schranke stehen mit Fahrbeschränkung. Wir fahren trotzdem. Die Straße ist übersät mit Löchern. Schnelle Abfahrt unmöglich. Durch ein verlassenes Dörfchen, bezeichnenderweise „Gosttown“, dann wird die Straße besser. Die langsame Abfahrt hat uns schon aus meinem Zeitplan „geschossen“.
Ich habe gelernt:  Dass ich wohl keine Rückschlüsse aus unserer Erfahrung bei der TPBR 2019 gezogen habe: Dort waren wir schon nach einem halben Tag nicht mehr im Zeit-Plan. 

3. Passo di Valcava (Km 109, 1200 Hm Aufstieg)

Abfahrt ins Tal und auf der anderen Seite geht es gleich wieder hoch, moderate Steigung. Aber nach etwa 10 Kilometern bekommen die Beine das erste Mal so richtig Arbeit. Der Blick zurück in die Ebene Richtung Bergamo lässt die Anstrengung kurz vergessen, aber dann wird es wirklich steil mit mehr als 18% Steigung und nicht nur ganz kurz … Die Passhöhe lässt die Anstrengungen vergessen. Traumaussicht. Die zwei Würstelstände lassen wir links liegen. Foto. Ein Radfahrer-Paar bittet uns ein Foto zu schießen … Meine Gedanken rotieren … Lombardei … eigentlich sollten wir garnicht hier sein wegen der Lage Covid 19 und ich soll ohne Handschuhe ein fremdes Smartphone angreifen … Soll ich? Aber wie formuliere ich eine Absage? Ich springe über meinen Schatten. Wird sich wohl in 10 Tagen rausstellen. Ich geben ihnen sofort auch mein Handy, damit sie wechselweise uns knipsen. Dann geht es flott Richtung Tal.
Ich habe gelernt:
Erstens: Kontakt zu anderen lässt sich nicht unbedingt vermeiden.
Und zweitens: 20% Steigung können dazu führen, dass man (frau) fast hintenüberkippt, da sich das Vorderrad von der Straße hebt … Auch mit voll bepacktem Rad.

4. Berbenno (Km 134, 360 Hm Aufstieg)

Das ist gar kein richtiger Berg. Wir müssen hoch in ein kleines Dörfchen, um dann ins Val Brembilla zu gelangen. Der Aufstieg liegt in der prallen Sonne. Der Schweiß läuft in die Augen. Die Abfahrt durch die Schlucht des Torrente Brembilla ist dafür sehr angenehm. Fast am Talschluss lohnt sich ein Fotostopp an einer wunderschönen mittelalterlichen Stein-Brücke, am Ponte del Cappello.
Ich habe gelernt: Wessen Ziel es ist, in weit unter 60h ins Ziel zu fahren, der/ die darf nicht dauernd stehen bleiben, um Fotos für das Video zu schießen. Hier geht es um ENTWEDER- ODER.

5. Passo di Zambla (Km 174, 1050 Hm Aufstieg)

Der Colle di Zambla ist Übergang zwische Val Brembana und Val Seriana. In der Mittagshitze treten wir durch das Brembatal hoch und biegen ab Richtung Oltre Colle, das unter der Passhöhe liegt. Etwa auf Halbweg kommt es mir in den Sinn eine der Fahnen, die fast auf jedem Haus hängen, zu fotografieren „Noi – Herz – Bergamo“. Da sehe ich zufällig auf dem Display, dass gerade ein Anruf eingeht. Wer braucht mich da? Aha! Mino, der Organisator, mit seiner Barbara, die auf  dem Heimweg aus dem Urlaub einen Umweg machen, um uns zu sehen. Wo wir sind? Sie möchten mir uns ein Eis essen. Noch mindestens 6 Kilometer bergauf sind es. Stress. Wir werden erwartet, ich lege einen Zahn zu. Und gelange gefühlt am Ende nach Oltercolle. Aber Eis und Cola richten mich wieder auf. Die letzten vier Kilometer gemeinsam mit Mino und Barbara gehen mit Quatschen schnell vorüber.
Ich habe gelernt: Man sollte sich von anderen nicht stressen lassen, die Zunge hängt in der Mittagshitze schnell mal bis fast auf den Boden. Aber Eis wirkt Wunder bei der Schnell-Regeneration.

6. Passo della Presolana (Km 209, 720 Hm Aufstieg)

Vor dem Schlafengehen müssen noch zwei Pässe überwunden werden, damit wir im Zeitplan bleiben. Der Presolana ist relativ schnell geschafft. Aber unterwegs spielen die Gedanken verrückt. Irgendwie scheint meine Moral etwas unten zu sein – noch ein relativ hoher Pass und das nachdem wir schon über 200 Kilometer und über 4000 Kilometer in den Beinen haben. Wie schön wäre es jetzt gemütlich in einem Hotel einchecken zu können, mit einem leckeren Abendessen und einem Gläschen Wein den Abend ausklingen zu lassen … Aber wir haben es ja so gewollt. Die niederträchtigen Gedanken schnell weggewischt! Ich lenke mich ab, indem ich andauernd das Navi konsultiere, aber die Kilometer schwinden dadurch auch nicht schneller. Nur die Zeit. Wie spät wird es wohl werden, bis wir unseren Biwacksack ausrollen können? Und wenn wir den Vivione heute nicht mehr schaffen sollten? Dann würde wohl auch nichts aus den 60h und der Homologation als Randonneure, gut dann halt innerhalb 72h finishen und im Touristenmodus aufgelistet. Nein, keinesfalls! Jetzt stehen wir schon im Rampenlicht, da Mino unsere Bilder auf Facebook veröffentlicht. Welche Schmach wäre es wohl, wenn wir es nicht schaffen? Wir, die ersten, die die Superrandonneé in Angriff genommen haben? Sinnierend geht es weiter. Ich lenke mich auch dadurch ab, dass ich etwas rundum schaue. Was liegt denn da am Straßenrand? Eine Rolle original verpacker Spagat. Könnte frau gut brauchen im Garten zuhause. Mitnehmen? Ich habe schon viele Sachen unterwegs gefunden … oft sehr brauchbare, aber auch sehr unhandliche, wie zum Beispiel an einem Sella Ronda Bike Day einen Zentnersack Kartoffeln. Wie sollte ich den bloß transportieren … Habe ihn leider liegen lassen müssen. Sonnenbrillen, Buffs, mehrere Paare Radhandschuhe und und und sind schon in meinen Besitz übergegangen. Aber was soll ich mit dem Spagat machen? Ich habe so schon wenig Platz und ein recht schweres bepacktes Rad über die Pässe hochzuschleppen, schweren Herzens fahre ich also standhaft vorbei an der Rolle, genau wie an dem großen Kartoffelsack damals …
Irgendwann, ich langweile mich wieder, blättere ich zufällig wieder mal durch das Garmin-Menü. Was sehe ich da? Die elektronische Schaltung hat nur noch 60%. Nanu? Die hatte ich ja erst aufgeladen. Und ich dachte eigentlich, dass ich den Sensor deaktiviert hatte. Schnell hole ich das nach. Dass der Sensor Di2 an einem Tag so viel „Saft“ braucht, um mit dem GPS-Gerät zu kommunizieren, wusste ich auch nicht. Ich rechne fieberhaft, heute hatte es 40% „gefressen“, wenn es morgen und am Montag genau so viel braucht, dann werde ich mein Rad wohl die Passhöhen hoch schieben müssen, wenn ich nicht mehr schalten kann. Oh weh!
Auf der Passhöhe einige Restaurants, aber leider gibt es erst ab 19:00 Essen. Also machen wir uns an die Abfahrt ins Val di Scalve. Unterwegs bremsen wir aprupt. Hoch über der Schlucht des Flusses Dezzo liegt hier spektakulär das Ristorante Serenella. Wir entscheiden uns statt der Pizza für ein leckeres Nudelgericht. Die nächste Steigung kann kommen.
Ich habe gelernt:
Stets kontrollieren, dass der Di2-Sensor nicht „quatschen“ kann mit der Garmin. Das braucht einen Menge Strom … 3 Tage an und die Batterie ist leer!!! Der Sensor muss aus bleiben und nur ab und zu Kontrolle, wie voll die Batterie noch ist. (Vorausgeschickt: Es geht nochmal gut: Am Ende der Tour werden immer noch 60% Batterie übrig sein).
Und: Sparen ist gut und recht, aber Fundstücke müssen leider zurück bleiben.

7. Passo del Vivione (Km 238, 1100 Hm Aufstieg)

Die ersten Aufstiegskilometer gehen ganz leicht von der Hand. Hermann bleibt zum Anziehen stehen und ist bald aus dem Blickfeld verschwunden. Relativ fröhlich radle ich weiter, den letzten Anstieg heute werde ich wohl auch noch schaffen. Schilpario ist erreicht. Jetzt wird das Sträßchen schmaler, der Ausblick auf die umliegenden Gipfel in der letzten Abendsonne wunderbar. Aber jetzt wird es so richtig steil. Und das heute noch. Mein Mut schwindet. Ich versuche mich abzulenken und bewundere die wunderschön gelb blühenden Goldregenbüsche rundherum. Hermann überholt mich. Von vorne wütendes Hundegebell. Eine Schafherde und Hirtenhunde. Oh weh! Ich trödle etwas und beobachte, ob sie Hermann vor mir bösen gesinnt sind. Sind sie nicht … bzw. sind sie schon, aber zwischen ihm und ihnen ein Zaun steht. Also kann ich jetzt auch unbehelligt vorbei. Das nennt man wohl „feige“.
Es wird langsam dunkel. Die Straße schlängelt sich spektakulär am Hang entlang. Man kann den Abgrund links noch ein wenig sehen und vor allem erahnen. Vor uns weit oben einen Einschnitt im Bergkamm. Was? So weit müssen wir noch hoch? Meine Garmin zeigt aber, dass nur noch wenige Höhenmeter vor uns liegen. Verstehe ich nicht. Ist der vor uns hinter dem Horizont versteckt? Genau! Vor uns eine Kurve, da noch rum und man kann den Pass im letzten Licht erkennen. Warm angezogen und nun liegen 25 km Abfahrt in stockfinsterer Nacht vor uns. Nach einigen Kilometern eine Warntafel: Straßensperre!!! Was ist, wenn wir da nicht vorbei kommen? Wieder zurück? Ein langer Umweg? Die Unsicherheit lässt mich nicht nur vor der Kälte zittern. Die Müdigkeit ist wie weggeblasen. Glücklicherweise gibt es kein Hindernis und es gibt zum Glück auch keine Müdigkeitsattacken, die mich bei Nachtfahrten öfters ereilen. Im Talgrund der Val Camonica angelangt, geht es schon Richtung Mitternacht, deshalb sollten wir langsam daran denken einen Schlafplatz zu finden. Hermann hatte zuhause einen idealen gefunden, erinnert sich aber nicht mehr, wo dieser sei. So fahren wir dem Fluss Oglio entlang taleinwärts. Es ist stockfinstere Nacht. Nicht lang und ich kann am Straßenrand schemenhaft ein paar Bänke erkennen. Ein Picknick-Platz? Wir schauen mal nach und entschließen hier zu bleiben, wer weiß, ob was Besseres nachkommt. Schnell Matratze, Biwacksack und Schlafsack ausgepackt. Hermann liegt schnell in seinem „Bett“, ich muss erst noch meine Luftmatratze aufpumpen und werde dadurch wieder so richtig wach. Nach einigem „Herumgeklaube“ bin auch ich in der Horizontalen.

Der Schlaf will nicht so schnell kommen. Ich döse ein und werde nicht lange danach wieder wach, da ich friere. Der Schlafsack ist für Temperaturbereiche über 10°. Anscheinend ist es kälter. Ich ziehe die Gore-Jacke an, mein Schlaf ist weiterhin leicht und als Hermanns Wecker klingelt, bin ich schon längst wieder wach. Schnell die Schlaf-Utensilien zusammengerollt und verstaut, Zähne geputzt und ab die Post. Vor uns liegen zwei kleinere Berge, dann der große Passo San Marco. Und vor dem nächsten Schlafengehen beim Comosee dann noch ein Pass.
Ich habe gelernt:
Erstens: Hochmut kommt vor dem Fall. Oder Einbildung ist auch eine Bildung: Gabi vorne und stellte sich vor während einer gemütlichen Rast den Göttergatten nachkommen zu lassen. Dieser holte seine bessere Hälfte aber früher als erwartet ein und war auch bald nach oben den Blicken entschwunden. Gabis Beine hingegen wurden durch den „Rückschlag“ noch schwerer.
Zweitens: Schlafplatzsuche ist nicht so leicht. Und wenn man einen geeigneten gefunden hat, dann ist die Müdikeit oft schon wieder überwunden.

8. Passo di Aprica (Km 286, 800 Hm Aufstieg)

Gegen 5 Uhr sind wir wieder im Sattel. Ein Kaffe wäre jetzt mein größter Wunsch. Und siehe da Kraft der Gedanken, nicht weit eine Bar, die kurz nach 5 schon offen hat. Stärkung mit Brioches und Lattemacchiato.

Nun kann der Pass kommen. Die Dämmerung taucht die umliegenden Berge in magisches Licht. Die Motivation ist groß, einen Großteil haben wir ja gestern geschafft. Aber der Hauptanstieg von 1770 Höhenmetern auf den Passo San Marco kann ich mir noch nicht so recht vorstellen. Ab Edolo am Nordende des Val Camonica steigt die Straße nach einer steilen Rampe moderat an. Ich entdecke ein Hinweisschild Passo Mortirolo und Gavia, das bedeutet, recht weit von daheim sind wir gar nicht mehr. Ich verbiete mir diesen Gedanken. Die Sonne geht grad auf, als wir den Passo Aprica erreichen. Flotte Abfahrt in die Valtellina, das Veltlin, das Tal der Adda. Hier sind wir schon im Vorjahr bei der TPBR durch gekommen.

9. Teglio (Km 308, 500 Hm Aufstieg)

Wir dürfen jedoch vorerst nicht im Tal bleiben, sondern die Strecke führt uns den sonnendurchfluteten Hang hinauf in das Dörfchen Teglio. Hier erwartet uns ein super gutes zweites Frühstück in der Bar auf dem Dorfplatz. Gestärkt geht es 40 Km abwärts und dann auf und ab über die „strada del vino“. Das was auf der Karte als Abfahrt erschien entpuppt sich als ziemlich kupierte Strecke. Ein Fall von „Denkste“.
Ich habe gelernt: Beim Planen habe ich die ebenen und Abwärtspassagen unterschätzt. Und sind dort immer aus dem Zeitrahmen gefallen. Aufwärts hingegen haben wir unsere Planung immer wieder eingeholt (außer beim San Marco).

10. Passo San Marco (Km 380, 1770 Hm Aufstieg)

Mittag. Wir beginnen mit der Steigung. Und die ist immer so um die 10% und mehr. Die ersten Kilometer liegen im Schatten. Um die 25 Kilometer und 1770 Höhenmeter zu überleben, teile ich mir die Strecke in 5er-Päckchen auf: 5 Km, kurze Pause, … wieder 5, Pause, … Nach den zweiten 5 sind wir zufällig in Albaredo und danach folgen 5 Kilometer mit knackiger Steigung – bis zu 15% Steigung. Wir beschließen uns vorher zu stärken – bei zünftigen Pizzocheri, naja, nicht die ideale Sportlernahrung, aber gut für die Motivation. Die Steigung geht wider Erwarten gut von der Hand, dann wird es immer mühsamer. Die Geräuschkulisse tut das Ihrige. Gefühlte Millionen Motorräder sind an diesem Sonntag unterwegs auf den San Marco. Ätzend. Irgendwann wechsele ich von 5er-Paketen auf 1er-Pausen, das heißt nach jedem Kilometer eine kurze Trink-Pause. Ich lenke mich damit ab, dass ich einen Ziegenhirten beobachte, der mit seiner Herde Richtung Almhütte zieht. Eine Geiß und ein Jungtier widersetzen sich dem Tempo der Gruppe und latschen in aller Seelenruhe hinterher. Von der Straße oben versucht aus dem Auto ein Hirtenkollege die beiden Abtrünnigen anzutreiben. Erfolglos, denn eiliger bekommen es die beiden nicht. Ich fahre weiter und bekomme das Ende der Geschichte leider nicht mehr mit.

Die Passhöhe taucht in der Ferne auf. Meine Beine motiviert das kaum merklich. Irgendwann bin ich dann da. Das Chaos hier oben ist enorm. Ungeordnet stehen Motorräder überall herum. Man kann sich nur durchschlängeln. Nach dem Passfoto und kurzem Panoramarundumblick flüchten wir wieder.

Nun geht es viele Kilometer abwärts bis ins Brembana-Tal (nanu, da waren wir doch schon mal – stimmt, am Vortag, einige Kilometer weiter südlich, da hätten wir doch eigentlich schön abkürzen können …) durch das Tal des Flusses Bremba geht es über einen schönen Radweg, angenehm diese Ruhe nun, fernab von allen knatternden Motorrädern. Nun nur noch ein Pass vor der wohlverdienten Schlafpause.


Ich habe gelernt: Pizzoccheri alla Valtellina sind zwar super lecker, aber um in der Mittagshitze auf den Pass zu wollen eher hinderlich.

11. Culmine di San Pietro (Km 435, 1200 Hm Aufstieg)

Am späten Nachmittag soll es noch einmal hoch gehen. Lust auf zusätzliche Anstrengung habe ich gar nicht. Seit der Passhöhe des San Marco schwirrt der Culmine San Pietro als Schreckgespenst durch meinen Kopf. Bei San Giovanni Bianco verlassen wir den Brembo-Fluss. Ich bräuchte dringend noch eine Bar für Kaffee, Eis und Cola, aber nichts. Wir biegen ein in das Val Taleggio und glücklicherweise finden wir hier die Bar Trattoria dell’Arlecchino. Gerettet. Ich kann mich gar nicht mehr entscheiden weiter zu fahren, so angenehm sitzt es sich unter der überdachten Terrasse.

Aber wir müssen … und folgen nun der sehr schönen und verkehrsarmen schmalen Straße durch die Schlucht des Torrente Enna. Landschaftlich wunderschön geht es weiter in moderater Steigung durch Taleggio und Vedeseta. Wir füllen nochmal unsere Trinkflaschen auf und weiter geht es durch grüne Wälder bis auf die Passhöhe des Culmine. Nun heißt es alles anziehen, denn es wird empfindlich kühl. Wie wohl die heutige Nacht wird? Werde ich wieder frieren? Aber noch ist nicht Zeit daran zu denken. Wir fahren ab nach Ballabio und weiter hinunter nach Lecco am Comer See. Am Seeufer kehren wir zum Abendessen ein. Es dämmert langsam, als wir uns nochmal auf den Weg machen. Wir wollen noch etwa 20 Kilometer weiter am Ufer des Sees bis nach Bellagio. Die Lichter der Dörfer spiegeln sich im See. Die Stimmung ist wurderschön. Zunächst geht es kilometerlang durch Tunnels. Wieder im Freien bläst uns eine sehr starke Brise entgegen.

Brise ist eigentlich kaum die richtige Bezeichnung, es ist teilweise ein ausgewachsener Fallwind, der mich mehrmals fast umwirft. Neben der Straße finden wir keine Möglichkeit unser Lager aufzuschlagen, erst als wir den Uferbereich verlassen und die Straße ansteigt, sehen nach dem Kreisverkehr eine geeignete Stelle. Ein gemauertes Gebäude mit Arkaden und darin ein Brunnen? Bei Nacht können wir es nicht genau erkennen. Rundherum gepflegter Rasen. Hinger dem Gebäude machen wir es uns gemütlich. Wieder mal ist Hermann schneller „in den Federn“. Ich brauche bis ich meinen Schlafplatz eingerichtet habe. Und dann muss ich mich mehrmals aus meinem Schlafsack schälen, denn ich rutsche von meiner Luftmatratze. Es dauert, bis ich ein ganz ebenes Plätzchen gefunden habe. Es wird schon langsam hell, als wir nach wenigen Stunden Schlaf wieder unsere Habseligkeiten zusammen packen. Kaum dass wir unsere Räder hinter dem Haus hervorgeschoben haben, hält dort die Müllabfuhr. Die hätten wohl Augen gemacht, wenn sie uns noch in unseren Schlafsäcken angetroffen hätten.
Ich habe gelernt:
Erstens: Im Taleggio-Tal: Eis und Cola wirken schnell Wunder. Auch wenn man glaubt, keinen Meter mehr fahren zu können.
Zweitens: Wie man sich bettet so liegt man.

12. Madonna del Ghisallo (Km 487, 500 Hm Aufstieg)

Ich bin schon gespannt auf den ersten Pass heute. Das Kirchlein dort ist den Ciclisti, den Radfahrern, geweiht. Der Comer See erwacht langsam. Die paar Hundert Höhenmeter schaffen wir rasch.

Und oben sind wir kurz vor Sonnenaufgang. Die Stimmung ist mystisch. Kurze Rast und wir müssen weiter. Hermann stresst. Schon am Tag zuvor hat er versucht mir vorzurechnen, dass es heute knapp werden würde. Ich tue das als Hirngespinst ab. Nur 5 kleine Pässe, grad mal 125 km und knapp 3500 Höhenmeter. Dass ich nicht lache, das reißen wir doch locker runter. Und wir haben ja lange Zeit, bis halb fünf am Nachmittag. Das wär wohl gelacht.
Kurze Abfaht von der Madonna del Ghisallo und dann liegt schon die nächste Steigung vor uns, der Berüchtigte Muro di Sormano.

13. Muro di Sormano (Km 500, 610 Hm Aufstieg)

Die Hälfte des Anstieges in moderater Steigung auf dem Rad. Nach dem Dörfchen Sormano teilt sich die Strecke, der Muro – 1,7 km oder die Ausweichstrecke über 4 Kilometer.

Da bei der Randonneé der Muro vorgesehen ist, stellt sich uns auch keine Frage. Kurz nach der Abzweigung, wirft es mich auch schon vom Rad. Wie da jemand mit dem Rennrad hoch kann? Durchschnittliche Steigung ist 17%, die maximale Steigung 25% – wir gehen die gesamten fast 2 Kilometer zu Fuß, an die 250 Höhenmeter. Zum Glück haben wir beide MTB-Schuhe mit Profil. Mit Rennradschuhen hätte man/ frau wohl barfuß hoch müssen. Oben angelangt Lattemacchiato, Brioches gibte es leider keine, überhaupt komische Hütte da oben.  Also wird unser Frühstück wohl noch warten müssen.


Die Abfahrt nach Como folgt. Kurz vor dem Ufer wird mir aber klar, dass die Uferstraße nicht eine solche ist, sondern etwa 100 m über dem See 15 km von Dorf zu Dorf und somit auf und ab verläuft. In Blevio finden wir endlich eine geöffnete Bar. Und gleich daneben der kleine Supermarkt „La Dispensa“, in dem wir uns vom sehr netten Inhaber leckere Ciabatte belegen lassen. Denn gemütliches Mittagessen ist keinesfalls drin zeitlich.
Ich habe gelernt: Nach über 500 Kilometern und über 10.000 Höhenmetern ist alles, was über 15% Steigung hat nicht mehr tretbar. Mein Drahtesel wirft mich einfach ab. Und weil ich so langsam schiebe, macht sich sogar meine Garmin über mich lustig und zeigt 0% Steigung an. Hahahahahaaaa!!!

14. San Fermo della Battaglia (Km 541, 700 Hm Aufstieg)

Kurz stürzen wir uns ins Verkehrschaos von Como. Mit Mino hatten wir Rücksprache gehalten. Original führte die Strecke bei Cernobbio in einem kleinen Bogen durch die Schweiz. Wir aber biegen kurz vorher links ab. Kilometer und Höhenmeter sind auf beiden Streckenabschnitten in etwa gleich, die Nur-Italien-Strecke sei etwas ruhiger verkehrsmäßig.  Eine kleine Nebenstraße führt uns  wieder mal nach oben. Wir erkennen, dass wir hier vor einem Jahr bei der TPBR schon mal waren. Die Sonne sticht jetzt schon ganz schön. Bald haben wir San Fermo della Battaglia erreicht und nach dem Pflichtfoto radeln wir gleich weiter. Habe ich mich schon auf das flache Stück gefreut, so erscheint es mir jetzt sehr lästig, denn flach ist es keineswegs. Ständig geht es bergauf, dann wieder bergab. Ein strammer Wind bläst uns zudem entgegen. Immer wieder scrolle ich durch meine Karte und schaue, wann denn endlich der Luganer See käme und wann endlich der nächste Aufstieg. Wer hätte das gedacht, dass ich mich nach einem Aufstieg sehne … Aber der eigentliche Berg war ja auch nicht der Beweggrund meines Wunsches. Aber wir hatten einfach noch zwei Berge vor uns und je eher die überwunden wurden desto besser. Und das Auf und Ab das fraß einfach viel Zeit. Inzwischen hatte ich Hermann Recht gegeben. Die Stunden flossen nur so dahin und noch lange waren wir nicht am Ziel. Ich rechnete immer wieder nach. Dabei verging zwar viel Zeit, aber meistens kam ich auf kein ordentliches Ergebnis. Wo hatte ich das mal gehört: Die Anstrengung knabbert zwar die Fettreserven an, aber auch Muskelmasse und Gehirn. Da haben wir den Salat, ich glaube, bei mir fängt Letzteres auch schon an. Endlich der See. Nun noch ein paar Kilometer am Ufer entlang und es geht das vorletzte Mal hoch. Kurz vor dem Anstieg sind wir schon bei der Bar vorbei, bevor wir sie bemerken. Gut, dann halt 100 m zurück, denn ohne Stärkung mit Cola und Eis werde ich die knapp 700 m Aufstieg wohl schwer schaffen.

15. Ardena e Marzio (Km 572, 680 Hm Aufstieg)

Dann geht es auf den vorletzten Berg. Meine Berechnungen sagen, wir schaffen es locker. Jetzt noch hier hoch, dann vier Kilometer runter und dann nochmal 800 Hm hoch und wir sind da. Wenn wir um 15 Uhr spätestens am Fuße des Campo die Fiori sind … Nullo Problemo. Locker Zeit genug. Was Hermann da wohl rechnet. Und wirklich, die Passhöhe ist schnell geschafft. Oben gibt es sogar einige Bänke im Schatten und wir verspeisen unser Brot.

16. Campo die Fiori (Km 600, 810 Hm Aufstieg)

Ich bin entspannt. Hermann drängt weiter. Missmutig packe ich meine Sachen. Und schaue beiläufig nochmal auf das Streckenprofil. Und da sehe ich es. Mir dämmert es … Nun stehen nicht nur 4 Kilometer Abfahrt auf dem Programm, sondern noch weitere 16 km kupiertes Gelände. Die waren mir entgangen. Fieberhaft beginnt es in meinem Hirn zu arbeiten.

Das von mir angenommene Zeitpolster beginnt zu schwinden und plötzlich werden meine Bewegungen hektischer und ich bin ruckzuck auf meinem Rad. Weiter!! Das „falso piano“ wie man im Italienischen sagt, entpuppt sich als nicht so schlimm, es geht zwar immer leicht aufwärts, wir kommen recht schnell weiter. Und dann stehen wir in der Mittags-Gluthitze am Fuß des Campo di Fiori. Die ersten Kilometer sind in der prallen Sonne und fast nicht auszuhalten. Meine 5er-Taktik vom San Marco wird hier eine 2er-Taktik. 2 km – Trinkpause – 2 km. Mir geht langsam das Wasser aus. Zum Glück fährt man jetzt in schattigen Laubwäldern. Ab und zu schöne Aussicht auf die Ebene unter uns und auf das gegenüber am Hang liegende Dörfchen Santa Maria del Monte. Und dann eine Quelle.

Besser könnte es uns nicht gehen. Und bald sind wir oben. Geschafft! Alle Anstrengungen sind (fast) vergessen. Seit dem Start sind gut 59 Stunden vergangen. Wir haben es locker geschafft, aber inzwischen hätte nicht viel schiefgehen dürfen … und längere Schlafpausen wären keinesfalls drin gewesen.
Nun haben wir noch 50 Kilometer vor uns zurück zum Start. Aber das ist eine andere Geschichte.


Unser Ziel als erste Randonneure hier homologiert zu werden gut erreicht. Das macht mich schon stolz auf uns … Und Mino kann zumindest bis zum nächsten Start von irgendwem behaupten, dass bei seinem Superbrevet die Frauenquote sehr hoch ist und zwar 50% … normalerweise starten bei solchen Events höchstens mal 10% Frauen.





















10 Pässe Rennrad-Tour

Pfingstwochenende. Grenzen zu. Was tun? Gut, dann werden wir mal unser „Landl“ abfahren. Wir leben ja schließlich da, wo andere Urlaub machen …

Mein Video (4 min)

Tag 1:
Der Plan: Am ersten Tag über jede Menge Pässe am ersten Abend eine Pizzeria hoch über der Valsugana zu erreichen und danach einen Schlafplatz zu suchen.
Pässe: Karerpass – Passo San Pellegrino – Passo Valles – Rollepass – Passo Gobbera – Passo Brocon,
fast alles in Trentino – Alto Adige. Aber nur fast, denn auf der Abfahrt vom San Pellegrino mussten wir einige Kilometer hinein nach Venezien. Ob sie dort wohl kontrollieren werden und uns eine saftig Strafe aufbrummen oder noch schlimmer uns viele Höhenmeter zurück schicken?

Karerpass (+1700Hm): Nach dem Einrollen über den Radweg bis Blumau, steigt es über die Tierser Straße stetig an, ganze 1700 Hm. Der Tag verspricht gemischt bewölkt zu werden. Zum Glück waren wir nicht pünktlich abgefahren, denn die teils nassen Straßen künden von noch nicht lange passierten Regenwolken. Auf den Passhöhen ist es ziemlich kühl. Ich bin froh um meine dünne Daunenjacke.

San Pellegrino Pass (+700Hm): Nach der Abfahrt ins Fassatal stärken wir uns in Moena bei Latte Macchiato und Brioches für den Anstieg zum San Pellegrino Pass. Auf den ersten Metern kommt uns –oh Schreck- ein Carabinieri-Auto entgegen. Fährt vorbei. Nun, bei dem wenigen Verkehr heute wird wohl hier nicht noch ein zweites Kontrollauto lauern? Kurze Abfahrt nach Venetien.

Passo Valles (+600Hm): Etwas schlechtes Gewissen fährt aber mit als wir nach der Abfahrt den Passo Valles hinaufschnaufen. Ich denke mir schon Ausreden aus … wie „Ach, wir sind in Venetien? Ein Schild? Nö, keines gesehen …“ Wir retten uns über die Grenze. Vielleicht ist mir der Passo Valles deswegen so schwer gefallen, weil ich wusste, dass ich hier eigentlich nicht sein durfte. Und zurück hätten einen Gegenanstieg von 400 Höhenmeter und einen Umweg bedeutet. Aber nochmal gut gegangen.

Rollerpass

Rollepass (+400Hm): Auf den Rollepass rollte es sich gut hinauf. Nomen ist omen? Er gehört zu den „23 grandi salite del Trentino“ auf denen auch die Giro-Athleten starke Beine brauchten. Vorteil: In Kilometer-Abständen wird die Steigung in Prozent angezeigt und der Abstand zur Passhöhe. Motivation oder demotivierend … das hängt grad mal vom eigenen Konditionsstand ab.
Oben ist es ungemütlich kalt. Rasant geht es nach San Martino di Castrozza runter. Bei Lattemacchiato, Cola und Tramezzini diskutieren wir. Nach dem nächsten Pass wird eine Pizzapause eingelegt, dann Schlafplatzsuche. Oder wäre es nicht angenehmer jetzt in ein gemachtes Bett zu steigen. Ja, das machen wir, denn die Nacht-Temperaturen versprechen nichts Gutes. In der Pizzeria hätten sie ja auch Betten.

Passo Gobbera (+400Hm)  und Passo Brocon (+900Hm): Nach dem Rollepass liegt nun noch der Passo Brocon vor uns. Hermann liest im Internet, dass dieser schon seit Herbst gesperrt ist. Was nun? Wir müssen es aber probieren, einen anderen Weg gibt es nicht, um unsere geplante Runde fortzusetzen. Vielleicht kommt man um die Stelle herum? Es glückt. Ein Windwurf hatte große Flächen quasi entholzt und man war gerade dabei aufzuräumen. Aber ein großes Glück: heute am Sonntag nicht. Und wir schaffen es noch vor Dunkelheit auf unseren letzten Berg für heute.
In Pieve Tesino Pizza ja, aber Fehlanzeige – keine Schlafplätze. Oh, je! Dann müssen wir im Dunkeln noch weiter abfahren. Und Hermann hat nicht mal ein gescheites Licht.
Auf dem Valsugana-Radweg werden wir aber bald fündig. Ein Rastplatz mit Bänken und Tischen und im Hintergrund ein paar Bäume unter denen wir es uns gemütlich machen.
Die neue Matte, Biwaksack und Schlafsack ausgerollt und reingeschlüpft. Komm, du süßer Schlaf. Komm schnell, denn am nächsten Tag wird wieder weit und hoch pedaliert. Ich schaue noch etwas in die Sterne hoch. Normalerweise falle ich nach ein paar gelesenen Buchseiten schnell in den Schlaf. Ohne Buch …?
Ich mache kaum ein Auge zu. Kaum eingeschlafen, wache ich auch wieder auf. Atemnot. Der obere Teil des Biwaksacks liegt auf meiner Nase. Ich döse wieder weg. Wieder keine Luft. Biwaksack vom Gesicht schieben. Um 2 schaue ich wieder mal auf die Uhr. Ungewohnt so im Freien zu schlafen. Der Bach nebenan rauscht sehr laut. Im Gebüsch raschelt es ab und zu. Ich fröstle etwas. Aus dem Schlafsack nebenan kein Ton. Ich lausch angestrengt. Nichts.  Der Hermann wird wohl nicht erstickt sein in seinem Biwaksack wie ich vorher fast? Kann das eigentlich passieren? Soll ich aufstehen und nachsehen? Ich entschließe mich liegen zu bleiben. Hat eh keinen Sinn. Erstickte kann man ja nicht aufwecken und helfen kann man ihnen ebenso nicht. Also warten wir, bis es Morgen wird.

Die Gedanken fahren weiter Karussell. Irgendwann stelle ich mir vor, dass ich Schlafsack & Co nicht mehr schön klein zusammengerollt bekomme. Dann nämlich werde ich ein kleines Problem haben. Wie soll ich das Zeug dann weiter bringen, wenn ich es nicht mehr in die „Sweet Roll“ stopfen kann? Ich kichere innerlich: Ich wickle den Schlafsack einfach um. Dann sieht man wenigstens mein Sweet-Röllchen um den Bauch nicht mehr… Irgendwann übermannt mich der Schlaf (gibt es eigentlich davon eine Gender-Version? Überfraut oder so?).
Und gegen vier fangen die Vögel an zu zwitschern … nach maximal zwei Stunden immer wieder unterbrochenem Schlaf … würd ich eher sagen sie fingen an zu kreischen.
Hermann wickelt sich aus seinen Schlafhüllen. „Hast du gut geschlafen?“ Beiderseits ein „Naja, nicht so gut …“. Das Zusammenpacken geht wider Erwarten recht flott vonstatten und ich bekomme alles wieder in meine Rolle reingeschoben und unterm Lenker verstaut. Genial!

Tag 2:
Eben geht es talauswärts bis zum Caldonazzo-See. Hier frühstücken wir ausgiebig und fahren über eine kleine Höhe (+200Hm) hinab ins Etschtal südlich von Trient.

Monte Bondone

Passo Viote (+1400Hm): In Aldeno beginnt die lange Steigung auf den Passo Viote unter dem Monte Bondone. Ein wunderschöner Anstieg durch Dörfchen und Hochflächen. Hier war ich noch nie zuvor. Keinerlei Verkehr. Das Wetter ist auch traumhaft. Oben auf dem Viote aber tummeln sich unzählige Sonnenhungrige. Jede Wiese ist mit Volk auf Sonnenliegen belegt. Die Bauern werden sich freuen. Eigentlich wäre es jetzt aber angenehm auch so eine Liege zu haben, lesen, die Seele baumeln lassen. Irgendwas ist da bei unserer Pfingst-Urlaubsplanung wohl an uns vobei gegangen? Vom Viote hier haben wir Sicht auf das in weiter Ferne gelegene Brentamassiv. Wie soll das gehen? Weit weg von uns, hinter dem Gebirge (äh … geografisch gesehen westlich davon) befindet sich Madonna di Campiglio und der letzte Pass für heute: Passo Carlo Magno.
Aber zunächst müssen wir wieder abfahren und zwar nach Sarche nördlich des Gardasees. Traumblicke. Ein Spaß die super gepflegte Straße abwärts zu sausen. Irgendwann steht Hermann am Straßenrand, ich sause vorbei und weiter. Kurzer Blick auf mein Garmin-Gerät. Nanu? Wo ist denn die Strecke? Vollbremsung. Ich habe die Abzweigung beim Castel Madruzzo versäumt. Also wieder zurück, ich folge einer Radfahrerin, die Arme muss wohl noch hoch auf den Viote. Kein Hermann weit und breit. Da haben wir es nun. Ich hatte es schon länger erwartet. „Es“ bedeutet: Noch in (fast) jeder Tour gibt es einen Moment, wo wir uns „verlieren“. (Am Rande bemerkt: Hermann gibt meist mir die Schuld – das Frauchen hat schön brav dem Chef zu folgen. Aber Frauele hat seinen eigenen Kopf …). Also war es wieder mal soweit. Bei der Abzweigung in der Ferne sehe ich Hermann, er schaut zu mir herunter und fährt weiter ohne zu warten. Na warte! Mit Affenzahn rase ich abwärts über das Kopfsteinpflaster. Irgendwann hole ich ihn ein. „Warum wartest du nicht?“ Er hatte mich nicht gesehen – nur Augen für eine flotte Radler-Biene im pinkfarbenen Dress hatte er …

Stenico

Grad im Tal angelangt geht es auch schon wieder hoch (+400Hm). Durch den spektakulären Sarca-Radweg wollen wir hoch nach Stenico. Von dort führt hoch über dem Lago di Ponte Piá ein Sträßchen hinab ins Val Rendena. Zwischenstop unter dem Castel Stenico bei Lattemacchiato und Eis. Nein, die Straße nach Tione sei schon seit Monaten wegen Steinschlag gesperrt. Ein Durchkommen gebe es laut dem Wirt nich. Ein übermannshoher Zaun verhindere das. Eine Schande, dass den haushohen Steinbrocken niemand wegräume. Schade! Wir sind sowas von enttäuscht. Unsere Runde ist somit hier beendet. Da mischt sich eine Dame aus der lustigen weißweinschlürfenden Frauengruppe (und das am frühen Nachmittag …), sie habe gehört, dass man ein Rad an der Seite vorbeiheben könne …
Unser Plan reift. Nein, nicht Abkürzung über den Molvenosee nach Hause … Wir setzen unsere Runde fort oder versuchen es zumindest. Der Zaun ist wirklich über zwei Meter hoch. Darüber klettern wäre auch ohne Rad kaum möglich. Wenn man aber am Rand über die Leitplanke steigt, kann man hinüber gelangen. Aber wie die Räder dort herum heben. Ein Versuch ist es wert. Hermann klettert hinüber. Ich wuchte mein schwer bepacktes Rad hoch und versuche es mit gestreckten Armen nach rechts zu schieben, wo es Hermann in Empfang nimmt. Jetzt loslassen und das Rad würde im Abgrund verschwinden. Radtour ade! Es geht alles gut. Wieder mal mit etwas schlechtem Gewissen folgen wir der Straße. Wo wohl das Steinschlaggelände ist? Und was ist, wenn heute am Pfingst-Montag (in Trentino ist kein Feiertag) Arbeiter von Straßenbauamt oder Forst hier unterwegs sind beim Aufräumen? Peinlich. Ich stelle mir die Ausrede vor: „Zaun? Wo denn? Nicht bemerkt …“
Und ein weiterer Gedanke: Was, wenn am anderen Ende der Straße ein Zaun aufgebaut wurde, der nun überhaupt nicht zu überwinden ist? Dann müssen wir zurück und wer weiß, ob wir den Zaun nochmal schaffen würden. Eingesperrt, verhungern und verdursten?
Den Steinbrocken finden wir nicht und um den nächsten Zaun kann man nicht außen herum und er ist gleich hoch wie der erste. Aber unser Glück ist ein schmaler Einschnitt, durch den man sich hindurchzwängen kann und wenn man das Rad hoch genug hebt, dann kann das Rad da auch durch und der Lenker oben drüber. Geschafft. Mit ruhigem Gewissen geht es weiter.
Durch das Val Rendena führt ein Radweg bis in den Talgrund. Der hat jedoch wieder mal viele Höhenmeter zusätzlich.

Brenta-Gruppe

Passo Carlo Magno (+1100Hm): Von Pinzolo aus steigt die Straße an. Wir sind wieder auf einer der „grandi salite del Trentino“ und es gibt alle Kilometer ein Schild mit Informationen. Die Motivation steigt, wenn diese unter 7% liegt, darüber weiß ich, bedeutet Überlebenskampf. Der Schlafentzug nach so einem Tag wie gestern fordert wohl Tribut. Und in der Mittagshitze gilt wohl auch hier „nomen est omen“ – denn es geht nach St. Maria im Pein (deutsch veraltet für Madonna di Campiglio).
Madonna di Campiglio liegt noch im corona-bedingten Märchenschlaf. Und geträumt hat wohl auch die Planungsplattform „Komoot“, denn das Sträßchen aus dem Ort hinaus wird immer steiler. 20% Steigung und immer mehr werfen mich aus dem Sattel. Schieben tut auch mal ganz gut. Aber das Sträßchen mündet in einem Schotterweg und schließlich in einer Skipiste. Ärger! Als wir die Straße wieder erreichen sind wir dann schon fast auf der Passhöhe. Campo Carlo Magno, der letzte an diesem Tag.

Campo Carlo Magno

Wir düsen gegen das Val di Sole. Im letzten Augenblick erreichen wir noch einen Supermarkt. Am nächsten Tag nämlich ist Feiertag. Hermann googelt eine Pizzeria in der Nähe. Wir müssen nur etwas taleinwärts. Aber das Ristorante Dolomiti ist wirklich ein Volltreffer. Sagenhaft gute Pizza und lustige Bedienung. Meine Extra-Wünsche werden gerne, wenn auch mit Staunen erledigt: Weizenbier – halb Bier, halb Apfelsaft. Mein Spezial „Radler“. Das beste Getränk nach einem langen Radtag. Nach einem leckeren Dessert Semifreddo all‘ Amaretto – mit einem ganzen Schnapsgläschen Amaretto intus eiere ich dem nächsten Schlafplatz entgegen. Wir sind gut in der Zeit. Es ist noch hell und wir rollen auf dem Val di Sole – Radweg talauswärts. Jetzt noch ein schöner Schlafplatz … und den finden wir: Ein Spielplatz mit Grillstelle und einem überdachten

Essbereich. Dort schlagen wir unser nächstes Lager auf. Vorsichtshalber hänge ich die Ess-Sachen weit nach oben, im Brentagebiet gibt es bekanntlich Bären. So muss ein Bär halt mich als „Räuberleiter“ verwenden … Werden diese Gedanken wieder Schlaflosigkeit bedeuten?
Nein, ich schlafe verhältnismäßig gut. Das muss man halt auch lernen, irgendwo in der Wildnis schlafen.

Tag 3:
Hofmahdjoch (+1200Hm)
: Am Morgen ist es recht frisch, das Frühstück und Packen bei etwa 5°C, aber beim Losfahren in der Sonne wird uns gleich warm. Vor uns liegt auch wieder ein ordentlicher Anstieg zum Hofmahdjoch, Übergang vom Deutschnonsberg ins Ultental.
Irgendwie sind die Beine heute recht schwer. Ich versuche mich mit der mir unbekannten wunderschönen Gegend abzulenken, quatsche mit nachkommenden Mountainbikern. Die Steigung tut weh. Ich interpretiere das Höhenprofil falsch und Überraschung, ich, die ich glaubte bald oben zu sein, habe noch fast 400 Höhenmeter vor mir. Das nennt man demotivierend. Vielleicht habe ich auch etwas überzogen und wollte den beiden Mountenbikern zeigen, wie gut ich noch drauf war nach so vielen Kilometern und Höhenmetern (*grins). Wie sollte ich heute aber noch 1700 Höhenmeter auf den Jaufen schaffen, wenn es jetzt schon so schwer geht. Unmöglich. Der Demotivations-Grundstein war gelegt …
Abfahrt durch viele Tunnels ins Ultental. Und hier ist die Hölle los. Eine Blechlawine, Auto hinter Auto, rollt taleinwärts. Was ist denn heute bloß los? Fährt die eine Hälfte der Menschheit nach Ulten? Und die andere Hälfte womöglich ins Passeiertal? Das ist nach den beiden fast autofreien Tagen Horror pur.

Jaufenpass (+1700Hm): Hermann und ich diskutieren. Aber nicht lange … Wir haben beide wenig – nein absolut keine – Motivation. So viel Verkehr und noch so viele Höhenmeter. Ist das vernünftig? Muss immer alles genau nach Plan verlaufen? Darf man nicht auch mal Schwäche zeigen (naja, Anzeichen von Schwäche waren die vergangenen beiden Tage ja nicht unbedingt …). Aber jetzt? Sind wir Looser, wenn wir jetzt statt oben drüber unten rum zurück fahren? Nein, im Moment kann sich niemand von uns beiden vorstellen es irgendwie auf den Jaufenpass zu schaffen und wir wählen die Vernunft-Variante: Radweg von Meran nach Hause. Und siehe da auch das fast flache Radeln über 70 km ist auch noch ganz schön „brutal“. Aber der geplante Eis-Zwischenstop beim CB in Klausen zieht uns weiter.

Die Tour hat uns in unsere Grenzen verwiesen … Respekt vor der Super Randonneé Lombarda Extreme (600km/ 14.000Hm) bei der wir uns ganz kühn als erste angemeldet hatten (die Rando ist ganz neu). Ob wir da jedoch in 60 Stunden (Randonneur-Modus) durchkommen können? Ich bin mir da nicht mehr so sicher. Aber wer wagt gewinnt und es gibt ja immer noch die Möglichkeit unterwegs spontan in den Tourist-Modus umzudisponieren.

Feeling Randonneé

Gastgeber Equilibrio Urbano Cyclestore
Facebook YouTube Italiano – scrollare in basso

Equilibrio Urbano Cyclestore (Mailand/ Milano) organisiert regelmäßig Abende, die dem Radfahren gewidmet ist. Im Moment, des noch nicht unbregrenzten Ausgangs, laufen diese Abende virtuell aber live auf Zoom und YouTube ab.
Durch den Abend führten Fabio Coppi und Gianluca Ostini.
Der Abend war denjenigen gewidmet, die mehr erfahren möchten über die Möglichkeiten des Radfahres über mittlere bis lange Distanzen. Es ging im Besondern um Frauen-Radsport.

Die Gäste:
Marina Dionisi: Randonneurin hat unter anderem die 1001Miglia, dreimal Paris Brest Paris, MGM (Madrid-Gijon – Madrid) und das Race Across Italy (RAI) absolviert.
Barbara Toscano: Organisatorin von Randonneés und Ari Koordinatorin für Lazio Molise Abruzzen, Leiterin der italienischen Meisterschaft ARI, selbst Neuling im Radsport mit 3 über 1000km  in einer Saison, einschließlich Paris Brest und Repubbliche Marinare. Organisatorin der permanenten Superrandonneé der Alpitica, Super Randonnée und permanentes Extrem-Patent im Piemont.
Gabi Winck: Randonneurin/Triathletin mit LEL, 1001 Miglia, Alpi 4000 Parigi Brest, Iroman Swissman Extreme und Norseman und vielen anderen.

Hier die Aufzeichnung auf YT – bitte auf „dieses Video auf YouTube ansehen“ klicken!
Mein Beitrag (sprachlich schauderhaft *lach*) ab Minute 50:20

[youtube https://www.youtube.com/watch?v=9l4bmxNi5v8?start=3020&w=560&h=315]


Italiano:

Equilibrio Urbano Cyclestore organizza regolarmente serate dedicate al ciclismo. Al momento queste serate sono virtuali ma in diretta su Zoom e YouTube. Fabio Coppi e Gianluca Ostini hanno guidato la serata.
Una serata dedicata a chi desidera conoscere meglio e riflettere sulle possibilità di pedalare le distanze medio-lunghe partendo da esperienze concrete. Avremo un punto femminile grazie a tre atlete che alla attività sportiva aggiungono impegni anche su altri aspetti ciclistici-

Le ospiti:
Gabi Winck: Randonneur/triatleta con all’attivo LEL, 1001 Miglia, Alpi 4000 Parigi Brest, Iroman Swissman Extreme e Norseman e tante altre-
Marina Dionisi: Randonneur ha completato tra l’altro la 1001 miglia, tre Parigi Brest, MGM e la Race Across Italy „RAI“.
Barbara Toscano: Organizzatrice di randonnee e Coordinatrice Ari per Lazio Molise Abruzzo, Responsabile del Campionato Italiano ARI- atleta neofita in ambito ciclistico con all’attivo 3 over 1000 in una stagione tra cui Parigi Brest e Repubbliche marinare. Organizzatrice e tracciatrice dell’Alpitica, Super Randonnée nonché brevetto permanente extreme in Piemonte.

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