Zunächst mein Film, dann unten weiter lesen … english …. italiano

shieldaig



CELTMAN, das dritte Rennen der mythischen Drei ( Norseman – Swissman – Celtman),  an der Westküste Schottlands.  Ein Freund erzählte mir davon in schillerndsten Farben und auch die schöne Website ließ mich träumen. Mein Beruf erlaubte es mir allerdings nicht, Ende Juni zu einem Wettkampf zu fahren.

ziel


Als sich unerwartet aber eine Möglichkeit auftat, schlug ich zu. Leider wurde ich nicht ausgewählt. Wie groß war die Freude, als ich nach Wochen eine Mail bekam mit einer Zusage.
Ich ging ein wenig „blauäugig“ an das Rennen heran: Wenn ich das Norseman „black-shirt-finsh“ und den Swissman geschafft hatte, dann dürfte der Celtman wohl kein so großes Problem sein. Ein typischer Fall von „Denkste!“.
Was stand mir bevor? Das eisig kalte Wasser des Loch Torridon, eine 200k lange Radstrecke in schottischem Regen und Wind? Die Laufstrecke über die Berge hart, aber auch die lower route nicht zu unterschätzen.

bus

Zweifel hatte ich vor allem dabei, ob ich innerhalb der Zeit bei k18 der Laufstrecke sein könnte. Meine Berechnungen ergaben, dass das äußerst knapp werden würde, überhaupt bei schlechten Verhältnissen. Besonderheit beim Celtman ebenso wie bei den beiden „Brüdern“ ist, dass die Rennen Start-Ziel-Events sind und einen Supporter erfordern, der dich den gesamten Tag durch begleitet und versorgt. Auf der Bergetappe muss er mitlaufen mit derselben Pflichtausrüstung wie der Athlet.

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Nach einer ellenlangen Anreise verging der Tag vor dem Rennen wie im Fluge. In Torridon, einem winzigen Dörfchen am Ufer des Loch Torridon, einer Atlantik-Bucht erfolgte die Registration, der Check der Pflichtausrüstung für die Berge (sowohl für die Überschreitung als auch für die Umrundung -welchen Weg würde ich wohl einschlagen müssen?)

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Und dann das Briefing:  Mit unseren mageren Englischkenntnissen verstanden wir nicht so ganz viel … (Schäm …!! Aber ich arbeite dran …)


Der Rennmorgen – 3h in der Wechselzone in Shieldaig, einem Dorf auf der Applecross- Halbinsel in Wester Ross an der Westküste Schottlands – mythisch wie schon bei Norseman und Swissman. Verabschiedung vom Supporter.

Mit Bussen werden wir Athleten zum Schwimmstart gebracht.

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Wassertemperatur und Quallen so wie versprochen. Muss wohl so sein, was hätten die Athleten sonst zu erzählen? Ich hatte mir zum Glück Handschuhe besorgt, die geben mindestens etwas warm. Beim Norseman hatte ich Krämpfe in den Fingern gehabt, die dann wie Krähenfüße abstanden und wenig geeignet für ein zügiges Fortkommen waren. Und die Tierwelt? Ich sehe ein paar der
durchsichtigen Tiere unter mir. Wunderschön. Ist doch nicht so schlimm, denke ich. Die Schwimmer verteilen sich auf ein großes Feld. Leider niemand in der Nähe zum Drafting. Steht irgendwo, dass auch im Wasser No-Draft gilt?  Plötzlich rammt meine Hand einen Fuß. „Sorry!“, so nah wollte ich doch keinem Schwimmer auf die Pelle rücken.

ausstieg

Ich gucke kurz aus dem Wasser. Aber da ist niemand. Wieder macht es einen „Rums“. Und jetzt durchfährt es mich: Quallen. Ganze Schwärme sind plötzlich um mich herum. Meine Schwimmzeit ist grottenschlecht: Die Handschuhe verhindern zwar zum Glück den direkten Kontakt zu den Glibbertieren, haben allerdings den Nachteil, dass ich keinerlei Gefühl für das Wasser habe, zudem versuche ich mit den Armen zu verhindern, dass mein Kopf mit den Quallen kollidiert und steche vor dem Kopf kreuzweise ins Wasser. Die Bremswirkung ist perfekt.

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Bike:
Irgendwann bin aber auch ich am Ufer. Die Helfer ziehen mich aus dem Wasser und ich
torkele mit meinem Supporter Hermann zu meinem Wechselplatz. Es ist ein größeres Unterfangen mich aus dem Neo zu pellen und in trockene Kleidung zu stecken. Endlich auf dem Rad. Mein Supporter räumt den Wechselplatz auf und folgt mir mit dem Auto. Seine Aufgabe ist, mich auf der Radstrecke zu versorgen und Fotos zu machen. Die schottische Landschaft ist grandios. Die Radstrecke ist wunderbar, aber 202km lang mit 2000 Höhenmetern und der versprochene stürmische Atlantik-Wind wartete sicher hinter der nächsten Ecke auf mich. Immer wieder mache ich Hochrechnungen: Jetzt habe ich ein Fünftel, wenn ich so weiter fahre, schaffe ich es. Jetzt ein Viertel, sieht gut aus. Mein Supporter ist vorausgefahren nach Gairloch zum Frühstücken. Ich biege dort angekommen auf den Hotelparkplatz ein, unser Auto nicht zu sehen. Ich suche das Auto hinter dem Hotel, nichts. Dann entdecke ich es. Ich vermute  Hermann noch im Hotel, weil ich schneller hier war als erwartet. Sollte ich hineingehen? Ein Blick auf die Straße, da steht er und wartet dort auf mich. Mist, eine Menge Zeit umsonst verloren. Schnell weiter. Etwa alle 20 Kilometer sehe ich Hermann am Straßenrand. Für ein Ein-Mann-Support-Team ist es nicht einfach: Will er Fotos machen, möchte die Athletin etwas zu trinken, steht er mit der Flasche oder Essen an der Strecke, wird ihm vorgeworfen, warum er nicht das schöne Panorama knipst. Ein undankbarer Job … Die Hälfte der Strecke ist nun um und meine Berechnungen fallen positiv aus, unter der Bedingung, dass mich nicht starker Gegenwind auf den letzten Kilometern ausbremst. Und ich beginne mich schon mental auf den anschließenden Lauf einzustellen. Ich rufe meinem Supporter zu, dass er meine Sport-Uhr, die Garmin 910XT, nicht vergessen dürfe. Welche Garmin? Ja, die hatte ich beim Schwimmwechsel ausgezogen. Mein Supporter ruft mir zu, dass er die Uhr nicht gefunden habe, obwohl er den Wechselbeutel mehrmals durchwühlt hat. Die Laufstrecke ohne Uhr? Hermann verabschiedet sich jetzt, um zur Wechselzone vorzufahren. Das heißt – zuerst noch einen Parkplatz zu ergattern, ein äußerst schwieriges Unterfangen. Die letzten Radkilometer gehen etwas mühsam vonstatten. Eine leichte Brise bremst mich etwas und die Oberschenkel signalisieren langsam, dass sie keine große Lust mehr haben schnell zu fahren. Wie sollte ich es schaffen 5km bergauf und dann 13km eben und bergab laufen und das unter Zeitdruck? Das Verkehrschaos vor mir zeigt wohl die sich nähernde Wechselzone an. Endlich!

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Run 1:
Der Wechsel geht schnell vonstatten. Die lästigen Millionen von stechwütigen Mini-Mücken tun das Ihrige dazu. Arme Supporter, die hier länger auf ihre Athleten warten müssen. Und schon bin ich auf der Laufstrecke und zwar OHNE GPS-Uhr, die mir den Fortschritt anzeigt. Zum Colin-Pass waren etwa 300 Höhenmeter bergauf zu laufen. Überraschend schnell bin ich oben. Nun hatte ich noch etwa 15 km vor mir und rund ein dreiviertel Stunden. Ich finde bei der Abwärtspassage auf einem holprigen Fahrweg mit tiefen Spur-Rillen meinen Lauf-Rhythmus nicht. Immer wieder rechne und rechne ich. 15 geteilt durch 1,8 oder doch umgekehrt? Was ist, wenn ich pro Kilometer über 7 Minuten brauche? Und wie schnell laufe ich eigentlich? Schei … ohne Uhr … Der Weg geht über in einen sehr groben Schotterweg. Das Laufen fällt mir hier sehr schwer. Immer wieder überholen mich Läufer, mit schnellen Schritten. Die haben es eilig … Das heißt: Ich sollte mich also auch sputen. Irgendwie habe ich keine Lust mich an die Laufenden anzuhängen. Dann endlich die nächste Verpflegungsstelle. Ich frage die Mädchen, wie weit es noch ist: Nur noch 4 Meilen. Wie viel ist das nochmal in Kilometern? Ich habe auf dem nächsten Kilometer wieder was zu rechnen.

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Ich versuche an zwei Athleten dranzubleiben. Einer stolpert und schlägt der Länge hin. Ich bin wieder alleine. Schaffe ich es bis 16 Uhr zu T2A?  Ich gehe ein kleines Stück, aber der Gedanke, dass ich nur ganz knapp das Cut off versäumen könnte, lässt mich wieder beschleunigen. Und beim nächsten Sprung über einen Bach gehe auch ich zu Boden, zum Glück weich ins nasse Moos. Soll ich sitzen bleiben und ausruhen? Diese Idee schien mir sehr verlockend. Ich schaffe es ja eh nicht … Ich rappele mich hoch und laufe weiter. Ich versuche mich schon mit dem Gedanken anzufreunden, dass ich die „lower route“ laufen muss  – also um die Berge rum, anstatt über die Gipfel.

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Keine so gute Option, denn das hieße kein blue shirt und schlimmer noch: das wäre für die lädierten Knie meines Supporters weniger gut und zudem würde ich ihm die spektakuläre Bergetappe so sehr gönnen, wo er doch den ganzen Tag im Auto saß. Ich musste also noch alles geben, schon ihm zuliebe. Gedanken über Gedanken schwirrten durch meinen Kopf. Hinter der nächsten Kurve sehe ich plötzlich Strom-Masten. Jubel. Dort muss die Straße sein. Und auf der Straße, das wusste ich, waren nur noch 3 Kilometer
zu laufen. Ich frage Zuschauer am Straßenrand um die Uhrzeit. Es ist halb vier. Das heißt ich hatte 10 Minuten pro Kilometer. Das musste machbar sein, auch mit Gehpausen in den Steigungen. Kurze Zeit später kommt mir Hermann entgegen. Er grinst breit.

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Run 2:
Zehn Minuten vor dem Zeitlimit sind wir dann da. Gesundheits-Check: Ich lache etwas übertrieben, mir gehe es super, bisher sei es überhaupt nicht anstrengend gewesen …, hahaha. Geschafft, auch der Kit-Check und Rucksack auf dem Buckel sind wir wieder on tour. Vor uns noch einige andere Teams. Nun sind 900 Höhenmeter in steilen Serpentinen zurückzulegen. Dafür haben wir 1:45 Zeit. Mir geht es super.

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Das Hochsteigen fällt mir leicht. Allerdings haben wir jeder nur einen kleine Flasche Getränk mit und kaum was zu essen. Ich habe eh keinen Hunger, aber Durst. Nur das Cola-Apfelsaft-Gemisch widersteht mir.  Beim Herrichten der Pflichtausrüstung am Abend zuvor hatte ich gedacht, wenn ich mal das Cut off geschafft hätte, wäre der Celtman wohl schon in „trockenen Tüchern“, dann wäre mir das blue Shirt auch mit Wandern sicher. Wie Recht ich mit dem Wandern hatte.

Auf dem ersten Gipfel erwartet uns ein Dudelsack-Spieler. Cool. Und jetzt, auf dem ersten Gipfel, fällt aller Stress von mir ab. Jetzt haben wir alle Zeit der Welt – und die nehmen wir uns auch … Es geht abwärts, aber wo ist der Weg? Über Blöcke gilt es abzusteigen. In der Ferne sehen wir einen Gipfel mit lauter kleinen Männchen.

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Müssen wir da noch hinauf? Das Höhenprofil sah ganz anders aus. Mein Blick schweift noch weiter nach rechts: Ein langer Grat und ein weiterer Gipfel und auch dort sieht man Leute. Sind das irgendwelche Wanderer oder Schock! Müssen wir noch so weit gehen? Wir wandern weiter. Und irgendwann sind wir dann auf dem höchsten Punkt. Beim Abstieg haben wir einen Gegenverkehrsbereich und nun sind wir diejenigen, die sagen können: „Nur Mut, es ist nicht mehr weit!“

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Und dann stehen wir am Abgrund: Eine Rinne führt steil nach unten. Ach ja, das hatten sie beim Briefing ja erwähnt. Dort sollte man gut aufpassen, dass man keine Steine lostritt, von Absturzgefahr war nicht die Rede, oder? Denn was uns jetzt erwartet, wäre mir in meinen kühnsten Träumen nicht eingefallen. Am Rand der Rinne muss man über kleine Felsabsätze nach Unten turnen. Ein Fehltritt und Adieu. Wir Bergziegen sind solche Passagen ja gewohnt, aber was tun Sportler, die nicht in den Bergen zuhause sind? Unter uns spiegelt sich die Sonne in einem wunderschönen See.

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Weglos über Kletterpassagen kommen wir schließlich an seinem Ufer an. Hermann hatte inzwischen eine Quelle gefunden. Wunderbar frisches Wasser! Wo ist denn eigentlich ein Weg, den man laufen kann? Ja, einen Weg haben wir dann, als wir von Streckenposten einen Übergang über den See-Abfluss gezeigt bekommen. Aber laufen? Nein, nicht mit mir, ich möchte mir doch nicht die Beine brechen. Ein Stolperer bei Unkonzentriertheit und man landet in den „Knotten“. (Das war eine vernünftige Ausrede, um so mehr als ich am nächsten Tag das zerschlagene Gesicht einer Athletin sah, die mit dem Gesicht gebremst hatte). Und meine nächste Entschuldigung sind natürlich die Knie meines Supporters. Für die nächsten 10 Kilometer ist also wieder Hiking angesagt. Und einsam sind wir.

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Weit hinter uns sind noch einige Teams unterwegs, aber anscheinend wandern die auch alle. Irgendwann kommt dann die Straße in Sicht. Eigentlich hatte ich ja vorgehabt, die verbleibenden 8 Kilometer zu laufen. Aber recht große Lust darauf hatte ich ehrlich gesagt nicht. Wie gut, dass ich Claudio Ciceri mit seinen Supportern einhole, die sichtlich auch keine Lust mehr auf schnellere Fortbewegung haben. Die restliche Strecke legen wir also gemeinsam „chiacchierando“ – also schwätzend zurück. Eine Frau läuft an uns vorbei. Egal. Am Eingang von Torridon, einer kleinen Häuserkette am Ufer des Loch Torridon, geht es nicht direkt ins Ziel, sondern in einer Schleife am Ufer entlang, landschaftlich wunderschön. Ich entschließe mich die letzten paar Hundert Meter wieder zu laufen, schaut einfach besser
aus auf dem Zielfoto.

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Ich durchlaufe den Zielbogen unter Applaus, es sind glatt noch Zuschauer da um fast 22 Uhr, nach 17:49 Stunden. Schulterklopfen durch Organisator John und ich bekomme das Celtman! Competitor’s Ale in die Hand gedrückt. Mmmhmm! Dann sinke ich meinem Supporter in die Arme. Well done! Geschafft! Jetzt bin ich allXtri!!! Wenn schon nicht besonders schnell, aber doch mit black- und blue-finisher-Shirt. Stolz!!

sup

Nachwort:
Nein, ich fühle mich nicht als Heldin oder Super-Sporlerin. Ich mache das, weil ich Spaß
an besonderen Sport-Veranstaltungen habe. Und dass ich das blue-Shirt in der Tasche
habe ist, glaube ich, den guten Verhältnissen an diesem Tag gutzuschreiben. Denn von Regen und heftigem Wind, wie sonst in Schottland üblich, wurden wir zum Glück
verschont. Ein ganz besonderes Dankeschön an meinen Super-Supporter Hermann. Ohne dich wäre das alles nicht möglich.  Danke an die Celtman-Crew! Und an viele meiner neuen Triathleten-Freunde: Danke für das gegenseitige Aufbauen auf der Strecke und auch im Vorfeld im Forum!
Danke an Steve Carter und Louise Watson für einige der Fotos!

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gruppe

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Der offizielle Film:
https://youtu.be/PnHc6fn03qY