Es wird langsam Zeit nach der Northcape4000 wieder mal auf das Rad zu steigen. Die 650 Kilometer der Rando Imperator von München nach Ferrara bieten sich an.
Tempo di salire in bici …
Bericht unter den Fotos … Resoconto in italiano
Als Wiederholungstäterin sitze ich zum dritten Mal im Autobus von Bozen nach München, mein roter Flitzer hinten gut verwahrt im Anhänger. Mit dabei wieder mal jede Menge männlicher Radfahrer und einige wenige Frauen, die die 650 km in Angriff nehmen wollen. Hermann fährt berufsbedingt nur bis Bozen mit. Organisiert – alles, was ein Radfahrwochenende bequem macht: Transport von Südtirol, schönes Hotel in München, GPX- Track, einige super bestückte „Ristori“ an den Kontrollstellen, Empfang in Ferrara unter der Kulisse des Palazzo Ducale, zentrales Hotel und Rückfahrt nach Bozen. Mir bleibt nur noch kräftig in die Pedale zu treten.
Wenn man will, kann man auf den Spuren der Via Claudia Augusta fast ausnahmslos auf Radwegen und verkehrsarmen sekundären Straßen fahren. Das hatten wir Rando Imperator 2015 auch gemacht, zum Teil auf Gravelpassagen, auf denen ein Rennrad wirklich nichts zu suchen hat.
Dieses Jahr sind wir bis auf die Abfahrt vom Fernpass auch original gefahren. Pünktlich um 4:30 schickt uns Simone Witoor auf den Weg. Es geht der Isar entlang auf Schotterpisten, im Dunkeln mit meiner mäßig starken Beleuchtung manchmal eine Zitterpartie für mich. Die Hoffnung, mein Rad wird sich wohl einen Weg durch den Schotter pflügen ohne mich abzuwerfen. Aufatmen, als ich auf Asphalt einbiegen durfte. Da wurde es gleichzeitig auch langsam hell. Hatten meine Gedanken im Dunkeln mal wieder gekreist um die Tatsache, dass es jetzt wohl feiner gewesen wäre nicht um halb vier aufzustehen, dass es wohl auch feiner gewesen wäre gemütlich zu frühstücken und feiner gemütlich eine Radrunde zu drehen. Aber ich hatte halt noch diesen Startplatz bei dieser Randonneé, die vom Mai auf September verschoben worden war. Nun im Hellen hörten meine Zweifel auf, denn es gab viel zu sehen im hügeligen bayrischen Alpenvorland Richtung Garmisch. Bei der Kontrollstelle erst mal den QR-Code scannen als Beweis da gewesen zu sein, dann neben einem Schwätzchen das sich Stärken an den vielen leckeren Sachen nicht vergessen. Die Stärkung kommt hier gerade recht, denn nun geht es bergauf zum Fernpass, nicht auf Straßen, sondern durch die Wälder auf groben Forstwegen. Bei der Bergabfahrt treffen wir am Pass-Fuß einen bepackten Radfahrer. Als ich noch überlege, ob das einer von uns ist, die Frage „Bist du nicht die Gabi?“ Nein!!! Das gibt es doch nicht! Unser Radkollege, Rainer Z., auf seinem Weg von Innsbruck nach Slowenien. So ein Zufall. Nur hier kreuzen sich unsere Wege, niemand weiß vom anderen und dann treffen wir genau hier aufeinander … unglaublich! Unterwegs werde ich auch von Rolf S. eingeholt, den kenne ich von der MGM und der 6+6 Isole. Auch auf Bernd R. treffe ich. Peinliche Momente, als ich ihn gleich zweimal nicht erkenne, womöglich hat mein Hirn durch die Anstrengung doch etwas gelitten … Hahhaaaaa, hätte sonst ja nicht so viel Lustiges zu erzählen, denn das wird jetzt wohl ein geflügeltes Wort werden: „Gabi, schickst du mir die Zielfotos von Martin und frag jetzt nicht, welcher Martin!“, oder so ähnlich. Aber uns Frauen wird es auch wirklich nicht leicht gemacht. So viele Männer und alle sehen mit Brille, Helm und Maske fast gleich aus. Uns Handvoll Frauen hingegen kann man leicht auseinanderhalten … Vielleicht ist mein Gesicht-Namen-Zuordungsgedächtnis auch nicht das Beste ist, vor allem nach über 400 Kilometern, wo man auch für eine leichte Addition bisweilen fast eine Stunde benötigt.
Weiter flach durch das Inntal nach Landeck, wo der Inn ums Eck fließt. Taleinwärts auf dem Radweg steigt der Radweg nun stetig an, bis nach Pfunds. Hier fängt es an zu regnen. Keine Rando Imperator ohne Regen, hat mal einer gesagt und das scheint zu stimmen. Fuhren wir vor ein paar Jahren fast 10 Stunden im Regen, konnten wir nach kurzer Zwangspause unter einem Vordach weiter nach Martina fahren. Hier verlässt man für 50 Meter die EU. Nun die zahlreichen Serpentinen zur Norbertshöhe hinauf und bald mal sitzen wir bei einer Pizza auf dem Reschen. Noch 110 km bis Bozen und zwar tendenziell abwärts. Gegen halb 11 haben wir die 348 km und 3000 Höhenmeter hinter uns. Auf dem Walterplatz erwartet uns Linda noch und das liebevoll gerichtete „ristoro“. Gegen Mitternacht decke ich mich endlich in unserem Cali zu, Wecker auf kurz vor fünf. Und kurz darauf bin ich wieder auf dem Weg. Wenig motivierend im Dunkeln allein durchs Etschtal zu radeln. Nicht nur einmal denke ich, was ich Hermann sagen könnte, der noch in den Federn liegt und später nach Hause radeln durfte. Hatte der es gut … Sollte ich ihn bitten, dass er mich abholt? Dass ich eigentlich nicht so richtig Lust hatte, heute schon wieder 300 km zu radeln? Ich war seit der Northcape4000 fast vier Wochen nicht mehr auf meinem Rad gesessen. Es dämmert und nun geht es gleich besser, noch besser, als ich mich beim Bicigrill Trento Sud mit Lattemacchiato und Brioche al Pistacchio gestärkt hatte. Als ich gemütlich beim Frühstück saß, haben mich wohl viele von den Bozen-Ferrara-Startern überholt. Vom Wunsch zurückzufahren (fast) keine Spur mehr. Am Bicigrill in Faedo großes Hallo mit und seiner Gefolgschaft dann fahre ich allein weiter Richtung Gardasee. In der prallen Sonne schon der Aufstieg nach Rivalta Veronese, dann hügelig bis Lazise. Hier ist heute, Sonntag, die Hölle los. Autoschlangen, E-Bike-Fahrer, Fußgänger, der reine Wahnsinn. Auch in Peschiera ist das so. Auf dem Mincio-Radweg nach Mantua ist auch ganz schön was los. Ewig geht es gerade und flach dahin. Eine nächste Krise überkommt mich. Aber nun gibt es kein Zurück mehr, mein Rucksack ist in Ferrara, wie sollte ich sonst an mein Gepäckstück kommen? Irgendwann ist auch Mantua erreicht, die Kontrollstelle ist diesmal an einem der vier Seen und wieder von der Avis-Gruppe organisiert. Super leckere Spezialitäten aus der Region. Nun folgt, das ist neu für mich, ein Singletrail am See entlang, lustig mit meinem zartbereiften Rennrad. Eine mehr als ein Dutzend große Radlergruppe, darunter auch einige Frauen, aus Ferrara lasse ich ziehen, die kommen frisch aus Bozen (wenn man nach 200km denn noch frische Beine hat). Dann der nicht mehr enden wollende Po-Damm. Und Gegenwind. Als mich schon wieder eine Krise überrollen will, was hatte ich denn hier eigentlich zu suchen, ich hatte vor vier Wochen doch schon genug geradelt … ein Rufen von Unterhalb des Dammes. Eine Kontrollstelle, die mir in der Beschreibung wohl entgangen sein musste. Also runter. Hier gibt es leckere Süßspeisen und Eistee, wirklich mit Eis. Ich will gar nicht mehr weg, auch da Schwätzchen mit den anderen, die genauso unglücklich darüber sind, dass es jetzt immer noch fast 50 Kilometer bis ins Ziel seien. Wir müssen aber los, um nicht zu lange im Dunkeln fahren zu müssen, einige hatten in der vergangenen Nacht gar nicht geschlafen und Sekundenschlaf droht, wenn man nicht mehr abgelenkt wird von der schönen norditalienischen Landschaft. Nun radeln wir zu dritt: Rolf, Martin und ich. Irgendwann endlich das Ende des Dammes für uns und nun freue ich mich auf die Burrana. Diese wunderschöne Allee führt etwa 10 km lang bis kurz vor Ferrara. Die Einfahrt auf die Piazza unter den Mauern des majestätischen Palazzo Ducale lässt Gänsehautfeeling aufkommen. Leicht gefallen ist mir die Rando diesmal nicht. Vielleicht bin ich mit zu wenig Respekt an die doch recht lange Strecke heran gegangen und 350 bzw. 300 km am Tag sind auch kein Pappenstiel. Eine schöne Überraschung erwartet mich. Bei einer Verlosung habe ich ein praktisches Lenkertäschchen des Sponsors MissGrape gewonnen. Ich, die doch sonst nie etwas gewinne … Schön war es wieder auf der Rando Imperator, vor allem habe ich wieder viele nette gleichgesinnte Leute kennengelernt und konnte meine Leidenschaft, das Radeln, ausleben, auch, wenn es manchmal bedeutet, sich überwinden zu müssen.
Danke Simone und Team Witoor!!
Hallo Gabi!
Da bin ich ja fast ein bisschen neidisch…
2019 musste ich abbrechen – https://www.kilometermacher.at/rando-imperator-abbruch-bei-km-34940/ – heuer wollte ich „fertig“ fahren (hatte ja auch noch einen Startplatz gut).
Aber: Als Brautvater wollte ich doch bei der Feier nicht fehlen – also nächste Jahr dann!
Hallo Rudi, habe den Ausweichtermin auch erst eine Woche vorher entdeckt … und einen Tag vorher erfahren, dass ich freinehmen kann … wäre aber schade gewesen um Hotelbuchungen, Fahrt, … Dann vielleicht bis nächstes Jahr!! Oder bei der Three Peaks?? Oder gar der Northcape4000 … ist ja fast ein Suchtfaktor dabei … GlG
schaumma amoi…