Solstizio d’inverno – nein, nicht inferno, denn da wäre es ja leicht wärmer (kleiner Italienischnachhilfekurs: inverno=Winter/ inferno=Hölle)
Wochenende war es wieder mal so weit …
Drei Monate *Vorfreude*, dann 3 Tage Blues: *…muss ich mir das unbedingt geben …? Warum habe ich mich da bloß angemeldet?* (der Blick aus dem Küchenfenster zeigt nämlich hart gefrorenen Boden, Eisplatten auf der Straße und Schneereste … da Radfahren???)
Details: nachts um den Gardasee usw.
205 Kilometer und fast 1200 Höhenmeter.
Szenenwechsel: Arco 20.30 Uhr … um die null Grad … Leute bei der Vorbereitung – vin brulé (=Glühwein) auf dem kleinen Weihnachtsmarkt.
Basis ist die ganze Nacht über wie immer das Restaurant, Pizzeria, Café Ai Conti (unbedingt mal besuchten!)
Startgedränge und dann Wellenstart:
An die 200 Leute gehen auf die Nachtfahrt. Zuerst bummeln Hermann und ich in unserer Start-Gruppe nach Norden … windig und eiskalt, aber zum Glück trockene Straße. Beim ersten Kontrollpunkt heißer Tee und Kekse … wir stehen nicht im Stau, denn unsere Gruppe hatte sich kurz vor Sante Massenza verfahren … ich ganz hinten hatte noch nachgerufen (vielleicht wäre „schreien“ besser gewesen) – umsonst, aber für uns zum Glück, endlich freie Bahn.
Zurückgedüst nach Arco. Hier wartet nach dem obligatorischen Stempel ins Brevetbuch ein mit Gutigkeiten gedeckter Tisch und köstliche cioccolato denso, hmmmhmm … will gar nicht mehr raus in die Kälte … Aber was sein muss – muss sein … Gegen 23 Uhr gehen wir auf die nächste Etappe, etwa 60 km bis zum nächsten Kontrollpunkt McDonald’s in Peschiera. Leichter Rückenwind schiebt uns. Ich wage noch nicht auszudenken, was *leichter Rückenwind* – jetzt- auf der Rückfahrt auf der Gardesana Occidentale, auf der anderen Gardasee-Seite, bedeuten könnte. Es läuft im Moment super gut … um die 33km/h wechseln wir uns alle paar Kilometer ab. 40 km abgesehen von ein – zwei Autos keine Menschenseele, auch keine Radlerseele … Nanu? Wo sind die denn alle abgeblieben? Wir sind doch auf dem richtigen Track? Klar, es gibt ja keine Alternative. Schön, dann stehen wir beim Kaffee-Stopp in Peschiera nicht im Stau … Lazise und eine leichte lange Steigung, misstrauisch drehe ich mich um, hatte ich da was gehört? Au weia, geschätzte Tausende von Frontlichtern. Ein ganzer Pulk zieht an uns vorbei … Womit haben wir das verdient?? Jetzt doch Stau vorprogrammiert.
Stau beim McDonald’s hält sich zum Glück in Grenzen auch der Start nach Cappuccino-Pause gestaltet sich als weniger unangenehm als sonst. Es ist weniger feuchtkalt wie sonst hier unten. Mir wird auch gleich wieder warm. Die Zeche muss aber bezahlt werden – nicht so unangenehm hat seinen Preis: Wind! Und ab Desenzano – Richtung Norden als Gegenwind – wird der ganz schön heftig. Naja, gefühlt heftig – nach etwa 140 km in den Beinen. Schöne neue Schleife vor Saló – auf Nebensträßchen. Aber es geht ständig auf und ab. Info Kontroll-Punkt abgehakt. Dieser sollte alle Fahrer auf diese Strecke zwingen. Abkürzen verboten. Fast wären wir vorbei gefahren, aber zum Glück steht hier laut gestikulierend die Gruppe um Giuseppe Leone, scherzhaft „Radio Leone“ genannt, warum wohl??, ein quirliger Pensionist (Neid!!), der täglich seine „über-hundert-Kilometerrunden“ machen kann (Neid!!)
Die Gardesana Occidentale liegt nun noch vor uns. Viele Galerien und tagsüber atemberaubende Blicke auf den See. Wir hören statt dessen das Rauschen brandender Wellen in der Tiefe. Und Lichter: Wie auf eine Kette aufgereiht Tausende von Lichtern am gegenüber liegenden Ufer. Und: Millionen von Lichtern über uns. Der Sternenhimmel – einfach grandios in dieser klaren Nacht. Apropos „Lichter“: Jedes Dörfchen rund um den See hat sich so richtig rausgeputzt mit wundervollen weihnachtlichen Lichtinstallationen, Weihnachtskrippen überall, teils sogar im Wasser.
In Gardone nächster Kontroll-Tee-Kekse-Stopp und dann nur noch 30 km bis „Nach-Hause“ in Arco, wo wir dann gegen halb Sechs eintreffen. Die schlaflose Nacht wird noch Tribut zollen. Auch nach kurzem Schlaf im VW und ausgibigem Mittagsschlaf komme ich nur langsam in die Gänge und die Steigung der Köstlanstraße (gibt es da überhaupt eine Steigung?) scheint am nächsten Tag (fast) wie der Mont Ventoux.
War aber wieder sehr schön, auch wieder die vielen bekannten Verrückten zu treffen. Aber das ganz Besondere ist eine Nacht lang mehr oder weniger allein mit sich, seinen Gedanken und seinem Rad zu sein. Über sich der samtschwarze Himmel. Unendlichkeit gespickt mit leuchtenden Sternen. Und wir hier unten so klein.
Vor dem Start
Organistator Fabio
Ich treffe Luciano wieder, der letztes Jahr die Runde mit mir gefahren ist.
Torsten gibt sich zu erkennen. Ich sein sein großes Vorbild … so eine Übertreibung …
Weihnachtskrippe in Desenzano. Hinten rechts kann man den Stall mit den Figuren erkennen.
Resümeé: Start Arco-Toblino See- Santa Massenza-Arco, dann die Runde um den See im Uhrzeigersinn.
Am Morgen danach, der See erwacht.