… wieder mal „Gruppenbild mit (1) Dame“
Hier Minivideo (2 Minuten) und dann meine Eindrücke …
Ralph Nöth, Gründer und Chefredakteur von @kurbelfest.de mit Peter von der Velowelt Murnau luden schon zum zweiten Mal ein:
Wetterstein-Karwendel-Brevet, an die 200km und 3500Höhenmeter sollten es sein. Rennrad? Auf keinen Fall, die Strecke ist fahrbar nur mit MTB oder höchstens einem Gravelbike mit passender Bereifung, mindestens ein 45er mit gutem Profil sollte es schon sein … . Ich wählte meinen Gravel-Traktor, wohl ahnend, dass es teilweise nicht sehr lustig würde, zum Beispiel die Abfahrt vom Karwendelhaus zum Kleinen Ahornboden.
Startort Murnau. Am Morgen entdeckt Hermann, dass seine Ehegattin seine Packtaschen nicht eingepackt hatte. Ja, ja, Schuld an allem haben immer die Frauen … Irgendwie behilft er sich mit zwei Feedbags, ganz einfach „Fressbeutel“ für den Lenker und einen Beutel-Rucksack, so ein dünnes Ding mit Schnüren … Es tat mir zwar leid, aber ich fühlte mich keiner Schuld bewusst.
Nach der Entdeckung hatte ich auch keine Zeit mehr an sein Missgeschick zu denken, denn ich entdeckte mein eigenes: Die Halterung für mein GPS-Gerät war wohl auf dem Triathlon-Aufsatz geblieben, den ich zuhause abmontiert hatte … Nun war guter Rat teuer. Beim super tollen Frühstück fragte ich ein paar Mitradler, ob jemand zufällig eine zweite Halterung mit hatte. Fehlanzeige, aber mir wurde Powertape und Isolierband angeboten … So klebte ich meine Garmin mit Powertape quer auf den Lenker und sicherte sie mit noch ein paar Umwicklungen Isolierband. Die Sicht auf das Display wurde etwas eingeschränkt und die Touchmöglichkeiten ebenfalls. Aber Ärger blieb aus. Vielleicht beschäftigten mich noch die fehlenden Apidura-Bags meines Göttergatten … nein, kein schlechtes Gewissen!
Unterwegs merkte ich bald, dass die Navigation am Tag eine ganz interessante Herausforderung würde für mich … Das Gerät war nämlich normalerweise um 90° gedreht montiert. Durch die Klebestreifen fand ich die Einstellmöglichkeit nicht, den Bildschirm zu drehen … und somit musste jedem Richtungswechsel für mich eine gewaltige Denkleistung vorangehen: Pfeil an der waagerechten Linie nach links bedeutete „geradeaus“, Linie in Fahrtrichtung nach oben hieß „rechts“ und in Fahrtrichtung nach unten war ganz einfach „links abbiegen“ Ja, ganz einfach … Gehirn-Jogging hatte ich mir eigentlich nicht erwartet bei diesem Brevet. Aber es lenkte definitiv von meinen Sorgen ab, wie ich vom Karwendelhaus zum Ahornboden runter kommen sollte mit meinen 35er Reifen ohne nennenswertes Profil … Und meine Sorgen sollten durch einen MTB-Fahrer zu Beginn der Abfahrt noch potenziert werden …
Auf dem Sattel, bevor wir uns „in die Tiefe stürzen sollten“, starteten zeitgleich auch zwei Mountainbiker. Wie habe ich diese beiden Männer um ihr Gig beneidet. Jetzt ein MTB – da wäre ich alle Sorgen los … Ich eierte den beiden Fahrern im Schneckentempo hinterher, es ging schließlich auf grobem tiefen Schotter nahe am Abgrund vorbei. Naja, Abgrund ist etwas zu groß aufgetragen, aber ein steiler Hang war es schon …
Was war denn das? Irgendwas lief da schief. Der mit dem blauen Shirt kam mit Vorder- oder Hinterrad, so genau hab ich es nicht gesehen, vom Wegesrand ab. Der rechte Fuß suchte vergeblich nach Untergrund, denn der befand sich etwa 45° weiter unten … Und schon überschlugen sich Mann und Bike … einmal, zweimal, dreimal? Das MTB legte sich auf den Fahrer. Zum Glück krabbelte der nach ein paar Schrecksekunden unverletzt unter seinem Gefährt hervor und über den Hang hinauf. Meiner Moral hat das jedoch nicht so gut getan. Wenn das einem MTBiker passiert, um wie viel vorsichtiger muss ich mich denn auf meinen beiden dünnen Reifen Richtung Tal bewegen?
War dann alles nicht sooo schlimm. Ich habe überlebt, sturzlos … Alle paar Kehren musste ich allerdings stehen bleiben und meine schmerzenden Bremshände schütteln. Und mein Göttergatte wartete und wartete, immer wieder …
Mit Grinsen berichtet mir Hermann zuhause nach der Auswertung der Tourendaten: „Woasch du, dass i a dreiviertel Stunde schneller wor als du?“ Das muss wohl ein Fehler des Garmin Gerätes sein … Naja, manchmal habe ich schon Zeit verloren, wenn ich zum x-ten Male stehen blieb, um ein Foto zu schießen … und in den Abfahrten nichts riskieren wollte und schneckengleich über dicken gröberen Schotter runter ge-eiert bin.
Mein Schreckgespenst die Abfahrt vom Karwendel-Haus hatte mich schon lange vorher gesorgt. Aber nein, deshalb wollte ich den letzten Anstieg nicht hinauszögern … ging eh nicht so langsam, immerhin überholte ich welche, die zu Fuß gingen …
Oder in der Dunkelheit im Eschenlaine-Tal wollte ich, nachdem ich einige kleine braune Frösche langsam dahinkrabbeln sah, ein vertrocknetes Blatt nicht mit einem solchen zu verwechseln. Oder waren das schon die ersten Anzeichen von Müdigkeitsattacken? Hirngespinste? Die Blicke Hermanns sprachen Bände, wenn er wieder mal warten musste … „Wo bleibt DIE denn schon wieder?“ Oder war er einfach schneller, weil er weniger Gepäck hatte – fehlernder Packtaschen wegen??? *Grins*
Danke an Ralph und Peter von der Velowelt Murnau für die Organisation. Das Frühstück vor dem Start war fabelhaft wie auch die ganze Strecke. Ihr hattet einen guten Draht zu Petrus, es war ein traumhafter Tag. Die null Grad am Morgen wechselten sich mit fast sommerlichen Temperaturen … Nett war auch die Gesellschaft. Wiedersehen mit alten Bekannten und Kennenlernen neuer „Verrückter“ …
Tourenlänge: 197 km/ 3500 Hm
Ausgangspunkt: Murnau
Gelände: viele Schotter-Wege (Radwege, Forstwege), wenig
Radtyp: Mountainbike oder zumindest Gravelrad empfohlen
Zeit: etwa 12 h
Beschreibung:
Von Murnau durch das Murnauer Moos nach Eschenlohe. Nun folgt die erste kleine Steigung über Höllenstein. Kurz nach Oberau wird es dann so steil, dass ich aus dem Sattel muss. Ein kleiner schöner Wanderweg führt runter nach Farchant. Dann geht es auf dem Radweg an Garmisch vorbei bis kurz vor den Eibsee. Die erste lange Steigung beginnt. Wir fahren auf breitem feinen Schotter, dann auf etwas groberem Belag am See vorbei bis zur Hochthörle-Hütte. Eine rasante Abfahrt nach Ehrwald folgt. Von hier folgen wir einem hübschen Plattenweg durch die Wiesen bis zum nächsten Aufstieg. Dieser führt zur Ehrwalder Alm. Gar einige Radfahrer schieben teilweise. Es geht ganz schön zur Sache, mehrere Kilometer 15% und mehr Steigung. Bald nach der Alm beginnt eine lange Abfahrt. Bis in den Talgrund der Leutascher Ache ist zunächst etwas Vorsicht auf dem unregelmäßigen Schotter angesagt, dann geht es flott immer der Ache entlang idyllisch bis hinaus nach Leutasch. Ein kurzes interessantes flaches Asphaltstück und dann Abfahrt nach Mittenwald. Leider haben wir nicht Zeit für eine Wanderung durch die Geisterklamm, die an unserem Weg liegt. Ab Mittenwald folgt der Radweg auf Schotterbelag dem Lauf der Isar zum Riedboden und weiter nach Scharnitz. Wir überqueren die Straße und hinein geht es auf feinem Schotterweg ins Karwendeltal immer unter der spektakulären Kulisse der Karwendelberge. Nach über zehn Kilometern beginnt die Steigung zum schon von Weitem sichtbaren Karwendelhaus, das wie ein Adlernest hoch oben unter den Felsen zu kleben scheint. Nach einem kurzen Aufstieg ist der höchste Punkt erreicht. Eine traumhafte Sicht auf die Laliderer Wände ist der Lohn für alle Mühen. Die nun folgende Abfahrt auf den Kleinen Ahornboden hat es in sich. Grober Schotter, spitze Steine, die fest im Boden verankert sind, dann wieder kleine zusammengeschobene Steinhaufen erfordern vollste Konzentration. Ab dem Kleinen Ahornboden ist der Untergrund wieder etwas besser. Wir fahren ab bis auf die Risstal-Landstraße. Dort biegen wir nicht rechts ab nach Eng, sonder links und leicht abwärts auf Asphalt geht es vorbei an Hinterriß bis nach Vorderriß. Hier biegen wir links auf die leicht ansteigende Mautstraße entlang der wilden Isar bis wir Wallgau erreichen. Hier geht es auf dem Radweg Richtung Walchensee. Kurz Einsiedl am Südwest-Ufer des Walchensee zweigen wir wieder links ab ins Eschenlaine-Tal. Zunächst geht es auf gutem Schotteruntergrund aufwärts, dann wird der Weg immer schlechter. Kleine Felsstufen zwingen oft zum Absteigen, lose Steine, manche Wurzel verlangen einiges vom Fahrer. Nach einer steilen Abfahrt steht man vor einem Bachbett, das problemlos durchfahren werden kann, wenn der Bach nicht zu viel Wasser führt. Wer nicht durchfahren mag, ein kleiner Pfad führt rechts zu einer kleinen Brücke. Das Tal scheint endlos. Irgendwann ist man aber angelangt in Eschenlohe und von dort geht es die letzten Kilometer gemütlich auf einem Radweg zurück nach Murnau.
Hi Gabi,
traumhaft schöne Strecke! Deine Berichte lese ich immer wieder gerne! Ich hoffe wir sehen uns nächstes Jahr wieder mal, 1001 Miglia?
PBP warst Du ja leider nicht dabei. Bei mir ist´s dort gut gelaufen, Z022, quasi letzter Starter!
Liebe Grüße aus Frankfurt,
Werner
Hallo Werner, danke!
1001miglia … weiß ich noch nicht, möchte wieder das ThreePeaks BikeRace fahren, diesmal von Wien nach Nizza … mal sehen, wie sich das mit der 1001miglia vertragen würde … LG zurück in meine Geburtsstadt!
Und gratuliere zur PBP
Hoi Gabi, toller Bericht und großer Respeckt solche Wege mit diesem Gravelbike zu fahren. Auch auf der Strecke durchs Tal Richtung Karwendelhütte muß es dich ganz schön durchgeschüttelt haben. Wir mit MTB haben jedenfalls angehalten um Luft auszulassen. Da hatte man doch ein gutes Tempo.
LG
Konrad
Danke, Konrad! Ja, für mich war es schon eine Herausforderung das Runterfahren … mittendrin dachte ich mir, nächstes Jahr mache ich das mit dem MTB .. doch denke, wieder mit gravel aber etwas aufrüsten in 45er Reifen mit mehr Profil. Die G-One vielleicht eher auf einfachen Schotterradwegen … nehmen …
Grüße aus BX