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Vorausgeschickt: Die Strecke kann kann fast durchgehend auf gut markierten Radwegen bewältigt werden. Es sind knapp 600 Kilometer und etwa 5000 Höhenmeter. Auf drei Tage verteilt machbar, aber man muss schon eher flott unterwegs sein, um die Unterkünfte noch bei Tag zu erreichen. Viele Pausen sind nicht drin … Drei längere Steigungen sind zu bewältigen: Pustertal (merkt man kaum), den Katschberg und Semmering. Sollten rund 3000 Höhenmeter ausmachen insgesamt. Aber das ständige kurze Auf und Ab lässt noch einiges dazu kommen. So reisen ist allerdings angenehmer, als 600 eintönige flache Kilometer, denn wo es hoch geht, geht es auch wieder runter …
Tag 1:
Pustertaler Radweg (Pusterbike): Nach dem Frühstück geht es für mich als Bikepackerin los. Der Gedanke alleine unterwegs zu sein ist am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig. Das Gepäck ist überschaubar, aber ich habe alles dabei vom Werkzeug für den Fall einer Panne, Wechselkleidung, da das Wetter wechselhaft zu sein verspricht, Zahnbürste, Marschverpflegung für mich und Powernahrung für meine Garmin 1030 und mein Handy in Form einer Powerbank. Bis Toblach radle ich in bekannten Gefielden entlang der Rienz.
Drauradweg (R1): Ab Toblach wird es quirlig. Gefühlt Tausende von Radlern sind hier abwärts bis Lienz unterwegs. Der Großteil mit Leihrädern mit Babyanhänger … und komplett überfordert mit Radfahrer-Verkehrsregeln. Jeder Einzelne glaubt wohl alleine unterwegs zu sein … zum Glück habe ich meine Klingel.
Ab Lienz wird es einsam. Ab hier werde ich höchstens zwei Handvoll Radfahrer trefffen – bis Wien.
Ich bin froh um meine Tubeless Reifen, denn immer in Draunähe führt der Track auf Schotterwegen. Klammer auf: Ich bin schon eine Nummer … da ich kurzfristig keine Reifen bekam in der gewünschten Breite, bin ich wieder Mal mit zwei defekten Mänteln gestartet, das heißt beide haben einen kleinen Schnitt und in unregelmäßigen Abständen pfeift mir ein Luft-Dichtmilchgemisch auf die nackten Waden. Das wird hoffentlich kein Dauerzustand werden … muss mal bei Schwalbe einen Nutzerwunsch nach pannensicheren Reifen anmelden. Hunger … Ich merke, dass ich meine Brote verloren habe. Ich hatte sie wohl zu schlampig auf meine Satteltasche geklemmt.
Zunächst eben verläuft der Weg ab etwa Oberdrauburg bis Spittal etwas kupiert, es geht in Auf und Ab wunderschön durch Dörfchen und immer wieder entlang des Flusses. Das Wetter passt auch, ich hatte mich schon auf Regen am Nachmittag eingestellt.
Bei Spittal muss ich den Drauradweg leider verlassen, der über Maribor weiter durch Pannonien bis nach Varaždin führt. Zu meiner ersten Unterkunft, der Pension Dullnig in Gmünd muss ich in der Nachmittagshitze noch ein paar wenige Höhenmeter überwinden und schaffe es vor dem Gewitter anzukommen und werde von Frau Egger sehr herzlich empfangen.
Tag 2:
Nach einem liebevoll angerichteten gemütlichen Frühstück im Garten der Pension Dullnig steht der zweite „Berg“ an. Ich lasse mich zu einer Streckenänderung überreden: Den Katschberg mit fast unmenschlichen Steigungen tausche ich gegen eine etwas gleich langen „Umweg“ über Innerkrems und Schönfeld. Das war eine sehr gute Idee, denn auf der Rückfahrt mit dem Auto über den Katschberg staune ich über Steigungen und Gefälle in beiden Richtungen. Über 5 km eine durchschnittliche Steigung von 12,3%, und einige Rampen mit 18%. Nach Innerkrems geht es in angenehmer Steigung durch ein schönes Tal, erst nach Innerkrems eine größere Steigung, bis es über Schönfeld in langer Abfahrt Richtung Tamsweg geht. Im Talgrund treffe ich wieder auf einen Radweg.
Mur-Radweg: (R2 – gut beschildert und auf der Straße mit weißem Schriftzug markiert). Sehr schöne Streckenführung immer wieder rauf und runter bis nach Judenburg. Dort wird das Tal breiter. Ein Blick nach Oben lässt mich einen Zahn zulegen. Dunkle Gewitterwolken türmen sich. Ein strammer Rückenwind treibt mich vor sich her. Vielleicht schaffe ich es, dem Gewitter davonzufahren … Irgendwann kurz nach Knittelfeld merke ich, dass mein Hinterrad luftmäßig etwas schwächelt. Pumpe raus und da prasselt es schon wie verrückt auf meinen Rücken, Blitze, Donner, alles was dazugehört. So schnell wie da war ich noch nie wieder in den Pedalen. Ich strampele, was das Zeug hält. Und schaffe auch einen Vorsprung. Die Anspannung löst sich. Die dunklen Wolken lasse ich hinter mir. Kurz vor ein Blick nach Rechts in die Berge … das schaut nicht gut aus. Da werde ich wohl nicht mehr weg kommen. Und schon fängt es an zu schütten. Gefälle … Ein Auto schneidet die Kurve. Ich muss stärker einschlagen und schon ist es passiert. Auaaaaah, mein Knie und Oberschenkel … Ich krieche unter meinem Rad hervor, rappele mich auf und versichere dem Autofahrer, dass mir nichts passiert ist. Meinem Rad auch nicht. Unter der nächsten Brücke Zwangspause, bis das Schlimmste vorbei ist, sei das Gewitter als auch die Schmerzen. In den nächsten Tagen wird sich ein kindskopfgroßes Hämatom auf meinem rechten Oberschenkel ausbreiten. Ein paar Kilometer weiter stehe ich schon wieder unter, ein Hausvordach. Mit einem PKW kommt der Hausbesitzer und berichtet, dass es stark gehagelt hatte, genau dort muss ich hin … Hmmmhm. Die dicksten Wolken verziehen sich. Ich kann weiter. In Bruck an der Mur biege ich auf den Mürztalradweg (R5). Nun starker Gegenwind und eine rabenschwarze Wolkenfront vor mir. Hätte ich die Unterkunft wohl schon hier gebucht … Aber ich muss noch 30 Kilometer weiter, mitten hinein in die Unwetterfront. Blitze und Donner. Mir wird ganz anders. Ich taste mich von Dorf zu Dorf, von Unterstand zu Unterstand. Irgendwann ist es geschafft. Mitterdorf bei Kindberg. Die heiße Dusche tut gut.
Tag 3:
Nur eine Steigung, dann geht es den ganzen Tag platteben …
Semmering-Radweg: Kaum verlasse ich die Pension, fängt es auch schon an zu regnen. Macht auch nichts, es ist nicht kalt. Nach Mürzzuschlag beginnt die Steigung auf den Semmering. Ich hatte mir von der Streckenführung mehr erwartet. Gefällt mir nicht so gut. Irgendwann muss ich 13% Steigung überwinden. Ich kontaktiere mal Google, wie weit es noch hoch ist. 20 Höhenmeter. Das heißt ich bin ja schon da. Auf der Abfahrt beginnt es stärker zu regnen. Gpsies hat mir bei der Streckenplanung ein Ei gelegt … Ich wollte die kurvenreiche Hauptstraße vermeiden und landete auf einem steilen Wanderweg. Mein MTB hätte Freude daran gehabt. Ich schiebe kurz steil hinunter, dann bin ich wiederer auf dem Radweg.
Weltkulturerbe-Radweg: Bis Gloggnitz geht es leicht abwärts.
Schwarzatalradweg: Nun bis Lanzenkirchen sehr schön der Schwarza entlang.
Thermenradweg: Jetzt vorbei an Wiener Neustadt und entlang dem Wiener Neustädter Kanal. Es hat aufgehört zu regnen und ich rolle platteben ohne jede Steigung Richtung Wien. Zum Glück habe ich teilweise Rückenwind.
Triestingau-Radweg:
Bei Kilometer 540 wechsle ich vom Thermenradweg auf den Triestingau-Radweg, der ein Geheimtipp für Radfahrer sein soll. Bis Schwechat geht es entlang des Flüsschens Triesting und durch unzählige Gemüse- und Sonnenblumenfelder, immer wieder durch Dörfchen und Städtchen wie Himberg. Ab und zu wieder mal Schotterwege. Mein Rad sieht verboten aus. Irgendwie knirschen auch meine Bremsbacken. Ich frage bei einem Garten am Wegesrand, ob ich mit dem Schlauch mein Rad abspritzen darf. Darf ich.
EuroVelo über die Donauinsel:
Ab Schwechat folgt die Strecke einem Teil des Radfernwege-Netz EuroVelo. Ich fahre vom Südende der Donauinsel (insgesamt etwa 24km lang) bis auf die Höhe der Alten Donau, Kaisermühlen. Ich bin „zuhause“ bei meiner Katrin und Lukas.
Und nun Schichtwechsel: Hermann kommt mit dem Auto nach Wien und steigt am nächsten Tag auf sein Rad um. Ich darf gemütlich heim fahren – im Auto …
Nachwort:
Das hatte ich mir nicht gedacht: Von Brixen nach Wien fast nur über Radwege. So soll Radfahren sein. Kein Stress durch verständnislose oder gedankenlose Autofahrer. Die Strecke kann ich jedem empfehlen. Wenn man Wert auf gemütliche Mittagseinkehr legt oder auf mehr Pausen, sollte man eventuell einen Tag länger einplanen.
Bei Toblach
Die Lienzer Dolomiten
Gmünd
Mur-Radweg durch die Steiermark
Murau
Den „Mohr im Hemd“ habe ich mir heute wirklich verdient. Regen, Regen, Regen … Thermenradweg
Großfamilie: Mutter, Vater und 7 Kids Fast „zuhause“ … Vienna International Center Millennium Tower